Sendereihe: "Macht und Menschenrechte" ( Unser Politikblog TV) November - dann in anderem Format

Sonntag, 25. Juli 2010

Unser Politikblog im Interview mit Jürgen Knirsch (Greepeace Deutschland) zur BP-Ölkatastrophe Teil 1-3

Sarah Luzia Hassel-Reusing 25.07.2010

Am 20.04.2010 trat am Bohrloch der Ölplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko un- kontrolliert Erdöl aus. Nach offiziellen Angaben sind dort täglich bis zu 9,5 Millionen Liter ausge- treten. Das Öl tötet unzählige Vögel, Fische und Algen. Schon 2002 wurde auf dem Rio-Nachfolge-konferenz in Johannesburg eine strengere Konzernhaftung versprochen, was in den meisten Ländern noch nicht umgesetzt wurde. Die nächste Rio-Nachfolgekonferenz, die ein geeigneter Ort wäre zum verbindlichen Beschluss einer weltweit strengeren Konzernhaftung für Umweltschäden, wird in 2012 stattfinden. So lange muss die Politik aber nicht warten. Es können auch vorher schon auf nationaler Ebene strengere Umwelthaftungsgesetze beschlossen werden sowie auf internationaler auf der in Kürze stattfindenden OSPAR-Konferenz zum Schutz des Nordostatlantiks.







Zum Verbot von Tiefseebohrungen kann jeder sofort aktiv werden in der hier verlinkten Kampagne von Greenpeace.

zur Mitmachaktion von Greenpeace gegen Tiefseebohrungen




weitere Informationen von Greenpeace:

zum Greenpeace Blog
http://blog.greenpeace.de/?s=%C3%B6l+bp

zur Greenpeace Arbeit zu Öl
http://www.greenpeace.de/themen/oel


zum OSPAR-Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks

OSPAR-Homepage:
http://www.ospar.org/

Text der Übereinkommens (Deutsch/Englisch/Französisch)
http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/ospar_convention.pdf

Kurzinformation zum OSPAR-Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks
http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/ospar_01_facts.pdf

Johannesburg-Beschluss und Rio+20 Prozess

Johannesburg-Beschluss: Plan of Implementation of the World Summit on Sustainable Development (siehe Artikel 49):
http://www.un.org/esa/sustdev/documents/WSSD_POI_PD/English/WSSD_PlanImpl.pdf

Rio+20 bzw. Rio 20 Prozess: United Nations Conference on Sustainable Development (UNCSD) in Rio im Jahre 2012
http://www.un.org/esa/dsd/rio20/

Freitag, 23. Juli 2010

Parteien haben Recht auf Girokonto-Unser Politikblog Interview mit Rechtsanwalt Peter Weispfennig

Sarah Luzia Hassel-Reusing 23.07.2010

Am 16.07.2010 sprach Unser Politikblog mit Rechtsanwalt Peter Weispfennig von der Kanzlei Meister & Partner aus Gelsenkirchen. Herr Weispfennig vertritt die Marxistisch-Leninistische Partei in einem Rechtsstreit mit der Deutschen Bank, welche zuvor die Girokonten der Partei gekündigt hatte.
Am 15.07.2010 sollte die mündliche Verhandlung in Essen stattfinden. Die Deutsche Bank gab vorher in der Hauptsache nach.



Nach Art. 21 Abs. 1 S. 1 GG wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung mit. Sie müssen über die Herkunft und die Verwendung ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft ablegen (Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG). Heute braucht eine Partei allein schon deshalb Girokonten, um diese Transparenz auch leisten zu können.

Dass die in Deutschland zugelassenen Parteien ihren Aufgaben und Verpflichtungen nachkommen können, die ihnen aus Art. 21 GG und Art. 38 GG erwachsen, ist wichtiger, als ob eine Partei weltanschaulich ins Bild ihrer Hausbank passt.

“Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst!”
Voltaire


weitere Informationen unter:

http://www.mlpd.de/deutsche-bank-hisst-die-weisse-flagge-weiterer-etappensieg-der-mlpd-gegen-den-bankenboykott

Dienstag, 20. Juli 2010

Greenpeace: Wem gehören Brokkoli und Schrumpeltomate?

Von Greenpeace | 20.Juli 2010

Zahlreiche Protestaktionen begleiten Anhörung am Europäischen Patentamt in München zu Patenten auf Lebensmittel

Gegen die Patentierung von Saatgut, Pflanzen, Tieren und Lebensmitteln lehnt sich heute ein internationales Bündnis aus 300 Verbänden und Organisationen vor dem Europäischen Patentamt (EPA) in München auf. Anlass ist die erste Anhörung zu einer Grundsatzentscheidung im europäischen Patentwesen: Anhand eines Patentes auf Brokkoli, Tomaten und daraus hergestellte Lebensmittel will das Amt entscheiden, ob natürliche Ressourcen weiterhin als “Erfindung” beansprucht werden können.

Bereits patentiertes Obst und Gemüse wie Mais, Salat, Karotten und Melonen zeigt Greenpeace an einem Marktstand am EPA. Über 1000 Patentanträge auf weitere Lebensmittel liegen dem Amt vor. Demonstranten zerkleinern Kopien dieser Patentschriften vor Ort in Aktenvernichtern. Greenpeace-Experten erwarten jedoch, dass das EPA an den umstrittenen Patenterteilungen festhält.

“Werden Patente wie Brokkoli und Tomate nicht verboten, brechen alle Dämme.”

sagt Christoph Then, Patent-Berater für Greenpeace.

“Wenige Agrar- und Nahrungsmittelkonzerne können zukünftig die ganze Lebensmittelproduktion kontrollieren mit steigenden Abhängigkeiten und Preisen für Landwirte und Verbraucher. Der Ausverkauf von Lebensgrundlagen kann nur durch neue Patentgesetze beendet werden.”

100 000 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern für gesetzliche Verbote von Patenten auf Saatgut, Pflanzen und Tiere hat das Bündnis bereits gesammelt.

Bundesregierung will Patente auf Tierrassen und Pflanzensorten verbieten

Die englische Biotech-Firma Plant Bioscience besitzt seit 2002 das Patent auf Brokkoli mit einem hohen Gehalt an Glucosinolaten. Diese Bitterstoffe geben dem Brokkoli seinen typischen Geschmack und sollen zudem vor Krebserkrankungen schützen. Gegen das Patent auf den lukrativen Brokkoli hatten zwei Agrarkonzerne beim EPA Einspruch eingelegt. Das ebenfalls beanstandete Patent auf die so genannte “Schrumpeltomate” umfasst die Züchtung und Vermarktung einer Tomate mit geringem Wassergehalt, die sich industriell besonders gut verarbeiten lässt. Bereits im Mai hatte das EPA jedoch ein Patent auf Sonnenblumen bestätigt, das Saatgut, Pflanze und Patentschutz auf das Sonnenblumenöl umfasst.

“Dem EPA müssen endlich Grenzen gesetzt werden.”

sagt Friedrich Wilhelm Gräfe zu Baringdorf, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL).

“Ein Amt, das über sich selbst richtet und aus Patent-Gebühren finanziert, wird im Zweifelsfall jedes Patent bestätigen. Seit über zehn Jahren veröffentlichen Greenpeace und weitere Organisationen die Skandalpatente des EPA. Eine Novellierung der europäischen Patentgesetze muss diesen Patentvergaben jetzt ein Ende setzen.”

Die Regierungen von Deutschland und den Niederlanden haben angekündigt, sich in Brüssel für schärfere europäische Patentgesetze einsetzen. Greenpeace fordert ein Verbot von Patenten auf Saatgut, Pflanzen, Tiere, deren Gene und Zuchtmaterial.

20.Juli 2010

Montag, 19. Juli 2010

Demonstration „Kein Patent auf Tomate und Brokkoli – Keine Patente auf Pflanzen und Tiere“

Sarah Luzia Hassel-Reusing 19.07.2010


- Di. 20. Juli 2010. 11 h. München

Demonstration „Kein Patent auf Tomate und Brokkoli – Keine Patente auf Pflanzen und Tiere“ vor dem EUROPÄISCHEN PATENTAMT Erhardtstr. 27, 80469 München

Am 20. Juli 2010 verhandelt das Europäische Patentamt über Patente auf Brokkoli und Tomaten aus traditioneller Zucht. Weil die Patentgesetze unklar formuliert sind, werden immer mehr Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere angemeldet und auch erteilt. Hier handelt es sich nicht um den Schutz von Erfindungen, sondern um einen systematischen Ausverkauf der biologischen Vielfalt und der allgemeinen Lebensgrundlagen.

http://www.keinpatent.de/index.php?id=177

Samstag, 10. Juli 2010

Unser Politikblog kommentiert Egozentrimus als Weltflucht und erinnert am die Mitteilung der Hopi

Sarah Luzia Hassel-Reusing 11.07.2010

Unser Politikblog kommentiert Egozentrimus als Weltflucht und erinnert an die Mitteilung der Hopi an die Vereinten Nationen am 10. Dezember 1992

Das verlockendste am Egozentrismus ist , die eigene Verantwortung scheinbar abgeben zu können. Dass solch ein Wunsch entsteht nach Flucht vor Verantwortung, ist ein Spiegel des Rückzugs mancher materiell privilegierter Menschen vor der Offenheit und Wertevielfalt der Postmoderne in das Schneckenhaus der eigenen Selbstbetrachtung und des Gebanntseins von den eigenen Wünschen und Ängsten, sodass man die Bedürfnisse und Rechte der Mitmenschen gar nicht mehr richtig wahrnehmen kann, und diese als Last empfindet. Ein Mensch, der seine Identität in der Wahrnehmung zentriert hat, kann erheblich leichter auswählen, worüber er nachdenken will, als jemand, dessen Identität auf dieses “Ego” genannte Schneckenhaus konzentriert ist, und der jedesmal Weltuntergangsängste aussteht, wenn ihm präsentierte Fakten zu einer Überprüfung ausgerechnet der Gedanken- und Gefühlsmuster, an die er seine Identität befestigt hat, zwingen.

Wenn wir nur einmal beginnen, über die Tatsache nachzudenken, dass es 14 Milliarden Jahre der Evolution und Entwicklung bedurfte, um unsere Kapazität für Bewusstsein zu ermöglichen, kann es uns helfen, aus dem Albtraum egozentristischer Selbstbeschäftigung aufzuwachen. Jeder verantwortliche Mensch stellt sich die Frage, wie lebe ich? Wie setze ich meinen Körper und meinen Geist, für deren Entstehung Milliarden Jahre der Evolution erforderlich waren, so ein, dass das Ganze dafür etwas zurückbekommt?

Das Schneckenhaus des Egozentrismus, ein Albtraum im Wachzustand, hingegen macht anfällig für Weltanschauungen, die, wie z. B. der Monetarismus und das davon abgeleitete Handeln, von einem klaren Willen zur Freiheit auf Kosten von anderen durchdrungen sind. Eine kleine privilegierte Minderheit, die die Macht hat, wirklich etwas für die gesamte Menschheit zu tun, scheint es vorzuziehen, sich stattdessen in die Scheinwelten der eigenen Ängste und Hoffnungen zu flüchten. Es wäre unverantwortbar, Menschen, die nicht in der Lage sind, ihre persönliche Erfahrung der Verantwortung für ihren gesamten Zuständigkeitsbereich unterzuordnen, in Führungspositionen zu lassen.

Kommen wir nun von der Kritik am Egozntrismus zu einem positiven Beispiel eines Volkes, bei welchem es vielen Menschen ganz selbstverständlich ist, mehr für die Gemeinschaft und aus der Wahrnehmung heraus zu leben.


Mitteilung der Hopi an die Vereinten Nationen
von Hopi-Sprecher Thomas Banyacya (1909-1999)
von der Souveränen Hopi Nation
Kykotsmovi, Arizona
10. Dezember 1992

Die Präsentation des letzten Redners Hr. Thomas Banyacya wurde durch drei Schreie von Oren
Lyons, Glaubenshüter der Six Nations und erster Redner des Tages eingeleitet.
Die Schreie bedeuteten die Ankündigung des grossen Geistes an die versammelten Leute, mit
der Absicht, dass nun eine Mitteilung von grosser spiritueller Bedeutung erfolgt.
Dann verstreute Thomas Maismehl neben das Podium der Generalversammlung und hielt eine
kurze Ansprache in der Hopi Sprache:
„Die Hopi Glaubensvertreter wissen von einer alten Prophezeiung, dass die Mächtigen dieser
Welt in einem grossen Haus der Beratung (House of Mica) zusammenkommen werden um über
Regeln und Vorschriften zu beraten, damit die Probleme dieser Welt ohne Krieg gelöst werden
können. Ich bin erstaunt darüber, dass Sie heute alle hier sind und sich die Prophezeiung
erfüllt.“
Aber es war nur eine Handvoll Delegierter der Vereinten Nationen aus aller Welt anwesend um
dem „Motee Dialekt“ (alte Hopi-Sprache) zuzuhören.
„Mein Name ist Banyacya vom Wolf-, Fuchs- und Coyoteklan und ich bin ein Mitglied der Freien
Hopi – Nation.“
Hopi heisst in unserer Sprache friedvolles, freundliches, liebenswürdiges, wahrheitsliebendes
Volk. Der traditionelle Hopi folgt dem heiligen Pfad Massaw’s dem grossen Geist.
Wir haben die heilige Pflicht, seinen Lebensplan zu befolgen, welche auch die Verantwortung
für sein göttliches Ziel beinhaltet, Sorge zu tragen zu diesem Land und seinen Bewohnern.
Wir haben nie mit irgendwelchen Staaten Verträge abgeschlossen, inkl. USA, aber über
Jahrhunderte haben wir unser heiliges Abkommen geachtet.
Unsere Ziele sind weder politische Macht noch Reichtum oder militärischer Einfluss, sondern
das Gebet und das Wohlergehen allen Lebens und die Erhaltung der Erde in ihrem natürlichen
Zustand.
Immer noch sind wir im Besitz unserer uralten, heiligen Steintafeln und unserer religiösen
Gemeinschaften, welche die Grundlage für das Leben der Hopi bilden.
Unsere Geschichte erzählt, dass unsere weissen Brüder ebenfalls solche heiligen Objekte und
religiöse Grundlagen bewahren.
Im Jahr 1948 versammelten sich alle Hopi – Klanführer und sprachen über verschiedene
Angelegenheiten, von denen ich spürte, dass sie von enormer Wichtigkeit für die ganze
Menschheit waren.
Sie bestimmten vier Dolmetscher oder Übersetzer, von denen ich heute der letzte Lebende bin.
Ich erhielt damals von den Klanführern eine heilige Gebetsfeder.
Ich bildete einen Ausschuss, um die Botschaft der Hopi zu bewahren. Die Botschaft der
Prophezeiung vom Frieden und den Warnungen, welche uns seit der Zeit bekannt ist, als
unsere Vorfahren aus der letzten Welt kamen, die durch die Sintflut zerstört wurde.
Meine Aufgabe war, dafür zu sorgen, dass der Urbevölkerung in diesem „grossen Haus der
Beratung“ Einlass gewährt wird. Weiterlesen »

Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hopi


Hölle auf Erden – Flug über Golf von Mexiko

Hölle auf Erden – Flug über Golf von Mexiko

Von petrapez | 9.Juli 2010 Radio Utopie

Mehr als eine halbe Million Menschen haben bis heute das Video von John L. Wathen gesehen, das vor zwei Wochen auf Youtube gestellt wurde.

Die hochbrillianten Aufnahmen, die voller Ästhetik sein könnten, wenn sie nicht eine Tragödie diesen Ausmasses darstellen würden, zeigen während eines Fluges über den Golf von Mexiko die Verbreitung des Ölteppichs, das Aufsteigen giftiger Dämpfe über dem Meer, verseuchte weisse Strände – bis vor kurzem noch Naturparadiese, das Abfackeln des Rohöls und mittendrin den Überlebenskampf und das Sterben der Delphine und eines Pottwals, für den jede Hilfe zu spät kommt.

Fünfhundertsechsundzwanzigtausend Menschen – können diese alle schweigen? Mit dem Dulden dieser Tiefseebohrungen und dem profitorientierten Treiben der Ölindustrie im Allgemeinen macht sich jeder unfreiwillig zu Mittätern an der Vernichtung der Erde.

Donnerstag, 8. Juli 2010

Interview mit Dr. Nikolaus Supersberger (vom Wuppertal-Institut)

Sarah Luzia Hassel-Reusing und Volker Reusing 09.07.2010

Unser Politikblog hat Dr. Nikolaus Supersberger nach einem Vortrag beim iranischen Kulturverein Pegah über das Potential Erneuerbarer Energien im Iran interviewt.




Dissertation von Herrn Dr. Supersberger (Wuppertal-Institut)
http://www.wupperinst.org/info/entwd/index.html?beitrag_id=817&bid=43&searchart=publikationen_uebersicht

Seite des iranischen Kulturvereins
http://kulturserver-nrw.de/home/pegah/

Freitag, 2. Juli 2010

“Einer kam heim aus Afghanistan”

Von Kevin Gurka | 1.Juli 2010 Radio Utopie

Das Trauerspiel des Horst Köhlers und die Privatisierung deutscher Kriege

Bei seinem Besuch im Gefechtsübungszentrum (GÜZ) in der Colbitz-Letzlinger Heide hatte sich Horst Köhler im Sommer 2009 in der Theorie über Ausbildung und Ausrüstung kundig gemacht. Dies wollte er dann, mit einem Überraschungsbesuch im Bundeswehrfeldlager in Masar-i-Sharif, sozusagen „bei geeigneter Gelegenheit dann auch in der Praxis erkunden“. Getreu seiner damals getroffenen Aussage – „Wir alle, vor allem in der Politik, haben die Aufgabe, den Einsatz in Afghanistan zu erklären“ – endete sein Auslandstruppenbesuch ein paar Tage später mit seinem Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten. Das tragische Moment des Horst Köhlers war weniger sein gescheiterter Versuch, die Soldaten vor Ort zu motivieren und das in den letzten Jahren so stark in Verruf geratene Handwerk des Tötens in der deutschen Öffentlichkeit mit Respekt zu beehren. Vielmehr war es seine auf dem Rückflug getroffene Äußerung, die immer wieder mit Staatsräson begründeten Ziele der Bundesregierung mit ökonomischem Kalkül und wirtschaftlichem Profit in Verbindung zu bringen. So ließ Köhler verlautbaren, „dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere [wirtschaftlichen] Interessen zu wahren“. Auch wenn Köhler inhaltlich nur das zur Sprache brachte was im Weißbuch der Bundeswehr schon seit 2006 festgeschrieben steht, so brachte ihn diese Aussage ins Kreuzfeuer der Kritik.

Was sind ökonomische Interessen?

Tatsächlich dürften die zentralasiatischen Ressourcen wie Gas, Öl und die kürzlich entdeckten Bodenschätze Lithium und Kobalt nicht den entscheidenden Ausschlag im Parlament gegeben haben, sich an diesem Einsatz zu beteiligen. Anders jedoch als die Kritik des parlamentarischen Geschäftsführers der SPD Thomas Oppermann, an Köhler vermuten lässt, stellen Wirtschaftsinteressen und Sicherheit keine sich ausschließenden Bereiche dar. Die Transformation der Bundeswehr ermöglichte das Heranwachsen eines florierenden Wirtschaftszweigs, ohne welchen deutsche Auslandseinsätze heute nicht mehr möglich wären. Einem Abzug oder gar einer Abrüstung stehen heute mächtige Profiteure der Kriegsökonomie entgegen, denen von Seiten der Politik immer wieder das Wort geredet wird.

Die Privatisierung militärischer Dienstleistungen – ein deutsches Modell

In den 1990er Jahren kam es in England und in Deutschland zu einer starken Privatisierung militärischer Bereiche. Während sich die englische Regierung durch Private Finanzierungsinitiativen einen Zuschuss in die öffentlichen Kassen versprach und im Gegenzug Rüstungsverträge mit einer Laufzeit von 10-40 Jahren vergab, setzte man in Deutschland, neben so genannten inhouse solutions und kompletten Ausgliederungen, verstärkt auf das Modell der Öffentlich Privaten Partnerschaft (ÖPP). Vorreiter im Bereich der Privatisierung war die Luftwaffe, die bereits 1983 zusammen mit Vertretern der Industrie den Arbeitskreis Industrieunterstützung gründete. 1998 gründete der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindustrie e.V. den Fachverband Wehrtechnik. Dieser versteht sich als eine Dialogplattform zwischen Bundeswehr und Industrie mit dem Ziel, die Informations- und Kommunikationstechnik des zivilen Markts für die Bundeswehr zu nutzen. 1999 unterzeichneten Schröder, Scharping sowie Vertreter der Wirtschaft den Rahmenvertrag „Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr“.

Inhouse Solution

Im Zuge dieses Rahmenvertrags wurde im Jahr 2000 die Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb mbH (gebb) ins Leben gerufen, die als Inhouse-Gesellschaft zu 100% in staatlichem Besitz ist. Deren Aufgabe ist es, Einsparungen im Bereich nichtmilitärischer Kernaufgaben zu erreichen und diese gegebenenfalls zu privatisieren. Neben Zivilisten beschäftigt die gebb auch Soldaten und übernimmt somit nicht nur im Bereich der Ausgliederung eine Vorreiterrolle. Vermischung ziviler und militärischer Angestellter finden auch in den von der gebb organisierten Ausgliederungen statt, bspw. bei der Privatisierung von Kasernen, Liegenschaftsverwaltungen, Verpflegung, Kinderbetreuung und Bewachung militärischer Einrichtungen. 2002 gründete die gebb, die ebenfalls staatliche BWFuhrparkService GmbH mit einem Auftragsvolumen von 3 Mrd. € bis 2012. Anteilseigner sind das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) mit 75,1% und die Deutsche Bahn AG mit 24,9%.

ÖPP

Bei den ÖPP kann zwischen so genannten Betreiber-, Betriebsführungs- und Kooperationsmodellen unterschieden werden. Letztere sind die von der gebb gegründete LH Bekleidungsgesellschaft, die HIL Heeresinstandsetzungslogistik GmbH mit einem Vertragsvolumen von 1,77 Mrd. € bis 2013 und das 2006 gegründete Herkules IT-Projekt das mit einem Vertragsvolumen von 10 Mrd. € bis 2016 als das größte Projekt gilt. Ein Betreibermodell stellt die Ausbildung von Hubschrauberpiloten für den NH90 durch das Industriekonsortium Helicopter Flight Training Service GmbH dar.

Eine Schlüsselrolle bei der Privatisierung des Militärischen nimmt das von Köhler besuchte GÜZ ein. Dieses gilt für SoldatInnen der Bundeswehr als letzte Trainingsstation vor einem Auslandseinsatz – spielt aber auch für die Kriege der NATO und der EU eine gewichtige Rolle. Das GÜZ ist ein Betriebsführungsmodell bei dem die hochtechnisierten Gefechtssimulationsinstrumente sowie Betrieb und Management komplett in privater Hand liegen. Das Auftragsvolumen des zu betreibenden Industriekonsortiums liegt bei 89,2 Mio. €.

Ausgegliedert werden aber auch militärische Kernaufgaben. So griff die Bundeswehr zur strategischen Aufklärung auf Satellitenbilder der US-Firmen Space Imaging und QuickBird zurück. Ihre Truppen- und Materialverlegung nach Afghanistan organisierte sie mit Antonov AN 124 der auf dem Flughafen Leipzig/Halle ansässigen Firma Ruslan SALIS, an der auch die milliardenschwere Anschaffung des A400 M wenig ändern wird.

Komplette Auslagerung

Komplett ausgelagert werden die Bewachung inländischer militärischer Liegenschaften, die Grundausbildung von Transallpiloten und Marineaufklärern und die Logistik und Versorgung von Soldaten bei Auslandseinsätzen. Auftragnehmer in Afghanistan ist neben der Firma Kühne und Nagel – sie organisierte den Aufbau des von Köhler besuchten Lagers in Mazar-i-Sharif – auch die Firma Ecolog.

Demokratie, freie Marktwirtschaft und Verantwortung

Der Großteil ausgegebener Mittel zum „Aufbau“ Afghanistans bedient die Profitinteressen westlicher Konzerne – dies nicht nur im Sicherheitsbereich, sondern auch im Bauwesen und im Bereich der Beratungstätigkeiten. Gespart wird, in Afghanistan wie auch in Deutschland, vor allem an Löhnen. So werden laut ver.di die bis 2012 von der DHL 1.400 eingestellten MitarbeitereInnen auf dem Militärdrehkreuz Halle/Leipzig zusätzlich auf Arbeitslosengeld II angewiesen sein. Weiterhin ist eine immer stärker werdende zivilmilitärische Zusammenarbeit zu beobachten. Gefördert wird diese Politik durch verschiedene Interessengruppen, wie den Celler Trialog, der sich selbst als die Schnittstelle für die Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Bundeswehr sieht, den Arbeitskreis Logistik Bundeswehr und Wirtschaft, einer Zusammenarbeit zwischen dem Bund der Deutschen Industrie und dem BMVg sowie unter anderem durch die Lobbyarbeit der Firma Ecolog. Die Profiteure sind Rheinmetall Landsysteme, die Diehl Stiftung, die Serco GmbH, Hellmann Worldwide Logistics und die Siemens AG. Finanziert werden sie auf Kosten einer immer schlechter werdenden Sozialpolitik in Deutschland und dem Leid der afghanischen Bevölkerung.

„Die hören sollen, sie hören nicht mehr,“
Vernichtet ist die ganze Mär,
Mit einem Mandat der Zug begann,
„EINER kam heim aus Afghanistan“.

Kevin Gurka

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Artikel, der zuerst in veränderter Form in der Zeitschrift Publik-Forum Nr. 12/2010 erschienen ist.

Artikel zum Thema

25.05.2010 Steuergelder in Millionenhöhe: staatliche Förderung für Ausbildung zum Söldner
22.05.2010 Bundespräsident Horst Köhler schlich sich heimlich nach Afghanistan – was für eine Blamage für Deutschland
14.04.2010 Privatisierung sensibler hoheitlicher Aufgaben in Deutschland und international
26.09.2009 “…Mit dreizehntausend der Zug begann, Einer kam heim aus Afghanistan.”
05.12.2008 Fälschten Regierungsfraktionen die Unterschriften von Abgeordneten unter zurückgezogenes Söldner-Gesetz?

Quelle: IMI http://www.imi-online.de/2010.php?id=2145

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Wulff im Zusammenhang mit Gen-Mais- Skandal

Sarah Luzia Hassel-Reusing 02.07.2010 Unser Politikblog


Pressemitteilung:AKTION GEN-Klage

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat strafrechtliche Vorermittlungen gegen den frisch gewählten Bundespräsidenten Christian Wulff sowie gegen die niedersächsische Agrarministerin Astrid Grotelüschen und den niedersächsischen Umweltminister Hans-Heinrich Sander wegen Verstoßes gegen das Gentechnikgesetz aufgenommen.

Wie bereits berichtet hat das internationale Netzwerk „Aktion GEN-Klage“ letzte Woche Strafanzeige gegen die Verantwortlichen in der Niedersächsischen Landesregierung wegen illegaler Freisetzungen gentechnisch veränderter Pflanzen erstattet. Das Umweltinstitut München e.V., die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Niedersachsen sowie der Bund Naturschutz in Bayern e.V. haben sich der Anzeige angeschlossen.

"Die Bundesländer haben sich verpflichtet spätestens zum 31.3. eines Jahres das Saatgut auf Verseuchung zu prüfen, damit kontaminiertes Material vor der Aussaat zurückgerufen werden kann", sagte der agrarpolitische Sprecher der Landtagsfraktion Christian Meyer letzte Woche auf einer Pressekonferenz in Hannover. "Die Landesregierung ist ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen und hat damit grob fahrlässig oder vorsätzlich Schäden in Millionenhöhe bei den Landwirten in Kauf genommen!" Niedersachsen hat damit auch die Verseuchung in den anderen Bundesländern verursacht. Jetzt wurde in
vielen Bundesländern deshalb der Umbruch der betroffenen Ackerflächen angeordnet.

"Agrarministerium und Umweltministerium sowie nachgeordnete Behörden haben Berichte über Wochen nicht bearbeitet und auch keine Vorwarnung herausgeben, obwohl die ersten Funde
gentechnischer Konstrukte bereits am 12.3.2010 vorlagen. Nach Paragraf 39 des Gentechnikgesetzes stellt die nicht genehmigte Freisetzung eine Straftat dar, die mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft wird - das gilt auch für politisch Veranwortliche!" so Christiane Lüst vom internationalen Netzwerk „ Aktion GEN-Klage“, dem über 50 Organisationen aus dem Umwelt-, Landwirtschafts- und Lebensmittelbereich angehören (s. Anhang). " Diese verantwortungslose Politik muss sofort beendet werden! Recht und Gesetz müssen auch für Minister und den Ministerpräsidenten gelten!"
Mittlerweile sind dadurch allein von Mitte Mai bis Anfang Juni bundesweit Schäden von über 1,3 Millionen Euro entstanden. "Diese Schäden in Millionenhöhe machen deutlich, dass die Nulltoleranz zum Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft zwingend notwendig ist!“ so Lüst in der Pressemitteilung. "Die betroffenen Landwirte müssen dafür entschädigt werden! Dieser Fall widerlegt nun
endgültig, was die Politik - trotz der bereits in vielen Ländern vorliegenden gleichen Erfahrungen - bis jetzt immer noch bundesweit predigt:
Das Koexistenz möglich ist und sie alles unter Kontrolle haben!"


Kontakt:
AKTION GEN-Klage
Berengariastr. 5
82131 Gauting
W.-Germany
Tel.: 0049 - 89 / 893 11 054
Fax: 0049 - 89 / 893 98 446
Mail: Christiane.luest@t-online.de