So unterschiedlich ist die Berichterstattung über Bilderberg zwischen dem Schweize- rischen Fernsehen und Russia Today. Aber auch das Schweizerische Fernsehen ist im Vergleich zu den deutschen Massenmedien ein Paradies der Pressefreiheit.
Olaf Scholz war bei Bilderberg,Spanien 2010 (Bild:Alles Schall und Rauch). |
2010 in Spanien hatte sich u. a. der ebenfalls an einer Kanzlerkandidatur interes- sierte SPD-Politiker Olaf Scholz den Bilderbergern auf deren Einladung hin vorge- stellt; kurz danach ging die mediale Aufmerksamkeit für ihn steil nach oben, was nicht unerheblich zu seinem Wahlsieg bei der Landtagswahl in Hamburg beitrug.
Ein besonders krasser Fall von Medieneinbettung in informelle Machtzirkel bzw. Denkfabriken war der Versuch von Springer und Bertelsmann, das ECFR-Ratsmitglied Karl Theodor zu Guttenberg zum Bundeskanzler hochzuloben. Die Eheleute zu Guttenberg hatten damals entscheidende Schlüsselpositionen in einer Hand bzgl. Mitarbeit an offensiverer NATO-Strategie zu Lasten vor allem Irans und der Pressefreiheit und gleichzeitig bzgl. der Internetzensur unter Vorschieben des Kinder- und Jugendschutzes.
Als das aufflog, demontierte man zu Guttenberg schnell mit Hilfe eines im Verhältnis weitaus kleineren Skandals um seinen Doktortitel, um ECFR, Springer und Bertelsmann vor dem befürchteten Ausmaß an Transparenz zu bewahren.
Es scheint auch eine enge Beziehung zwischen Bilderberg und ECFR sowie CFR zu geben. So wurden Joschka Fischer (Vorstandsmitglied des ECFR) und Madeleine Albright (CFR) kurz vor Beginn der Bilderberg-Konferenz bei einer anderen Konferenz in der Schweiz gesichtet, ein deutliches Indiz dafür, dass sie auch zu den diesjäh- rigen Bilderberggästen gehören, zumal beide auch in früheren Jahren schon jeweils mindestens einmal bei Bilderberg zu Gast waren.
Außerdem gibt es Überschneidungen zwischen den Mitgliedern bzw. Gästen von Bilderberg und den Vorstands- und Ratsmitgliedern des ECFR, z. B. den schwedischen Außenminister Carl Bildt. Bei beiden sind auch jeweils deutsche Medien mit eingebettet, was ein nicht unerheblicher Grund für die erheblich restriktivere massenmediale Berichterstattung in Deutschland im Vergleich zu Russland und der Schweiz sein dürfte. Schließlich sind dort viel mehr deutsche Politiker, Geschäftsleute und Medien eingebettet als schweizerische oder russische.
Ein weiteres gewichtiges Indiz für die Zusammenarbeit zwischen Bilderberg und ECFR
ist der Artikel "Ab in die Ecke - Alleingänge in Europa, Nein zum Libyenkrieg, einsamer Atomausstieg: Ist Deutschland in der Welt isoliert?" der Zeit vom 26.05. 2011, welche ständiges Mitglied bei Bilderberg, nicht aber im ECFR ist. In dem Artikel wurde abgerechnet mit vermeintlichen deutschen Alleingängen, welche dem ECFR nicht gefallen haben.
Die Bilderberger haben dankenswerterweise die Tagesordnungspunkte ihrer diesjährigen Konferenz veröffentlicht in einer Pressemitteilung vom 09.06.2011. Die gemeinsame Überschrift aller dort 2011 behandelten Themen ist demnach: Herausforderungen für das Wirtschaftswachstum."
Mit "Innovation and Budgetary Discipline" könnten neuartige Instrumente zur finanziellen Knebelung der Staaten und der Demokratie wie EFSM, EFSF, ESM oder EU-Wirtschaftsregierung gemeint sein. Denn die Bilderberger hatten schon immer einen star- ken Fokus auf die Entwicklungen in der EU, und dieser TOP bezieht sich auf Innova- tionen im Bereich der Haushaltsdisziplin.
Auch der TOP "the Euro and Challenges for the European Union" unterstreicht diese Einschätzung. Für einen Einstieg in das Thema, was derzeit alles in der EU unter Berufung auf den Euro geplant ist, empfehlen wir die vierteilige Reihe "Codewort schreckliche Schönheit" im Rahmen der Reihe "Macht und Menschenrechte" von Unser Politikblog, die unseren Kenntnisstand bis etwa Anfang März 2011 wieder gibt.
Der TOP "the role of Emerging Economies" bezieht sich offenbar auf den Umgang mit den wirtschaftspolitischen Schwellenländern. Das könnte Auswirkungen haben vor allem auf die G20, welche vor wenigen Jahren erst zur besseren Einbindung der wirt- schafts- und einwohnerstärksten Schwellenländer gegründet worden waren.
Der TOP "Social Networks: Connectivity and Security Issues" dürfte von besonderer Bedeutung sein für die gegenwärtigen und künftigen Facebook-Demokratiebewegungen in den arabischen und den europäischen Ländern.
Laut Land Destroyer weisen diese immer wieder das Symbol einer Faust auf, wie sie fast identisch von der serbischen Demokratiebewegung Otpor abgeschaut zu sein scheint. Laut Land Destroyer soll es in den USA ein Trainingszentrum für friedliche Revolutionen namens Canvas geben, welches die Wiederholung dieses Symbols erklären könnte. Verwirrend nach unserem derzeitigen Kenntnisstand ist jedoch, welche Rolle Bilderberg dabei spielen könnte, weil Land Destroyer hinter der technokratischen Förderung friedlicher Proteste eher ein mutßmaliches Interesse des Milliardärs George Soros (Open Society Institute, daneben auch Mitgied im Rat des ECFR) an Verfassungsänderungen in seinem Sinne vermutet. Die derzeitigen Protestbewegungen in den arabischen und den europäischen Ländern, welche Facebook nutzen, sind aber eher solche, die mehr Soziales und mehr Umverteilung von oben nach unten wollen, was sowohl für Herrn Soros als auch für die Bilderberger über Steuererhöhungen viel Geld kosten könnte. Ist es wirklich realistisch anzunehmen, dass die heutigen Facebook-Protestler so verschlafen sein könnten, sich von irgendwelchen Technokraten eine neoliberale Verfassung vorgeben zu lassen, die zumindest
im sozialen Bereich das Gegenteil der Ziele der Protestbewegungen enthalten würde?
Selbst beim ANC und bei der polnischen Solidarnosc war man (laut dem Buch "Die Schock-Strategie" von Naomi Klein) nicht so unachtsam, sich die Verfassung verhunzen zu lassen, wohl aber verschlafen genug, sich die Umsetzung der sozialen Rechte der Verfassung schnell durch Kreditauflagen von Weltbank bzw. IWF ganz erheblich erschweren zu lassen. Aber vielleicht geht es bei Bilderberg ja genau um das, was damals mit den Polen und Südafrikanern gemacht wurde.
Bei den TOPs "New Challenges in the Middle East, Conflict Areas, Demographic Challenges, China" wagen wir keine Prognose, um was es genau gehen könnte. Dafür sind die genannten TOPs einfach zu weit gefasst.
Aufhorchen lässt jedoch der TOP "Switzerland: Can it remain successful in the future?", denn das klingt so, als sei das Modell der Schweiz den Bilderbergern ein Dorn im Auge. Das schlimmste, was solchen Machtzirklern hinter den Kulissen passieren könnte, wäre vermutlich, dass die Demokratiebewegungen in den arabischen und den europäischen Ländern auf einem der Schweiz vergleichbaren Ausmaß an Volksabstimmungen bestehen werden. Das Manifest von "Democracia Real Ya" in Spanien und der Gesetzentwurf des "Netzwerks Volksentscheid" in Deutschland für ein Ausführungsgesetz für Volksabstimmungen auf Bundesebene gehen bereits deutlich in diese Richtung. Einzelnen Vertretern noch so demokratischer Bewegungen kann man immer wieder mit Glamour und Aufmerksamkeit den Kopf verdrehen, wie man das schon mit so vielen Politikern gemacht hat. Mit dem ganzen Volk auf einmal sind diese psychologischen Manipulationen schon um einiges schwieriger. Aber was, wenn die Bilderberger sich gegen den Fortbestand des wirtschaftlichen Erfolgs der Schweiz entscheiden sollten? Wo würden sie ansetzen? Die größte Gefahr scheint uns zu sein, dass man eine oder mehrere schweizerische Großbanken, die zumindest zusammen "too big save" sind, arm rechnen würde, um den Staatshaushalt der Schweiz mittels Inanspruchnahme des schweizerischen Bankenrettungsfonds ins Trudeln zu bringen, und die Schweiz auf diese Weise in die Fänge von Krediten und den dazu gehörenden Auflagen des IWF und mittelfristig auch des ESM zu zwingen. Oder auch die wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz durch geschickte Wahl des Standpunktes, wie dies 1988 Davison Budhoo in seinem Kündigungsschreiben an den damaligen IWF- Geschäftsführer Michel Camdessus am Beispiel von Trinidad und Tobago angeprangert hatte, darzustellen. Oder auch mit beiden Mitteln gleichzeitig. Hinsichtlich Trinidad und Tobago hatte Davison Budhoo dem IWF sogar gezielte Fälschung volkswirtschaftlicher Statistiken vorgeworfen.
Die künstliche Erzeugung bzw. Vertiefung von Krisen ist auch keine Spezialität allein des IWF, sondern wird bzw. wurde auch schon offiziell von der Weltbank zumindest erwogen, möglicherweise sogar schon eingesetzt. So hat laut S. 359 des Buches "Die Schock-Strategie" von Naomi Klein im Jahr 1995 Michael Bruno, der damalige Chefökonom für wirtschaftliche Entwicklung bei der Weltbank in einem Vortrag vor der International Economic Association vor 500 Ökonomen aus 68 Ländern eine zunehmende Einigkeit dahingehend behauptet (ohne dafür in Medien oder Wissenschaft einen Aufschrei zu kassieren), dass "eine genügend große Krise ansonsten zögerliche politische Entscheidungsträger so schockieren kann, dass sie Reformen einführen, welche die Produktivität erhöhen." (in der Rede selbst auf S. 16)
Daher sollte die schweizerische Bevölkerung in der nächsten Zeit vorsichtshalber sämtliche Wirtschaftsnachrichten, die dazu angetan sein könnten, einen Schock auszulösen, öffentlich hinterfragen.
Noch wichtiger scheint jedoch, schnellstmöglich den schweizerischen Bankenrettungsfonds zu schließen bzw. auf einen festen Betrag zu deckeln, damit die Bilderberger keine Chance bekommen, die Schweiz an diesem wunden Punkt anzugreifen. Die Situation Irlands, dessen akute staatliche Schuldenkrise erst durch die Überdimensionierung des irischen Bankenrettungsfonds NAMA für drei irische Großbanken, die in ihrer Summe too big to save für die Iren sind, entstanden ist, sollte für die Schweizer ein warnendes Beispiel sein.
Unser Politikblog ist der Auffassung, dass die schweizerischen Politiker zur Aufbringung dieser Zivilcourage vermutlich eines Volksbegehrens bedürfen.
Quellen:
ZDF-Politbarometer stärkt Steinbrück
http://www.welt.de/politik/deutschland/article13423901/Steinbrueck-auf-Anhieb-Erster-im-Politikerranking.html
Olaf Scholz und die Bilderberger
http://alles-schallundrauch.blogspot.com/2011/02/und-der-sieger-in-hamburg-lautet.html
Artikel über ECFR, Springer, Bertelsmann und zu Guttenbergs
http://unser-politikblog.blogspot.com/2010/10/das-marchen-um-die-zu-guttenbergs-macht.html
Zeit-Artikel "Ab in die Ecke" und dessen Inspirationsquelle beim ECFR
http://www.zeit.de/2011/22/Deutschland-Isolation
http://www.ecfr.eu/blog/entry/berlin_view_going_solo_again_this_time_its_nuclear
Joschka Fischer (ECFR) und Madeleine Albright (CFR) auf dem Weg zu Bilderberg?
http://alles-schallundrauch.blogspot.com/2011/05/das-treffen-der-kriegsverbrecher-in.html
http://alles-schallundrauch.blogspot.com/2011/06/madeleine-albright-entsprechend-in.html
Pressemitteilung der Bilderberger vom 09.06.2011
http://www.bilderbergmeetings.org/meeting_2011
Offizielle Bilderberg-Seite
www.bilderbergmeetings.org/index.php
Land Destroyer-Artikel zu Facebook - Demokratiebewegungen / friedl. Revolutionen
http://landdestroyer.blogspot.com/2011/02/cia-coup-college.html
http://landdestroyer.blogspot.com/2011/02/george-soros-egypts-new-constitution.html
foreignpolicy.com über CANVAS und arabische Demokratiebewegungen / friedl. Revolutionen
http://www.foreignpolicy.com/articles/2011/02/16/revolution_u?page=0,1
Bilderberg-Teilnehmerlisten
www.bilderbergips.org
Webseite für Transparenz um Bilderberg
http://bilderberg-transparency.org
ECFR-Vorstand und ECFR-Rat
http://www.ecfr.eu/content/council/
Madeleine Albright beim CFR
http://www.cfr.org/experts/world/madeleine-k-albright/b3739
Weltbankstudie zu "too big to save"
http://www.ebs.edu/fileadmin/redakteur/funkt.dept.economics/Colloquium/Too_big_to_save_May_14.pdf
offener Brief von Davison Budhoo
www.naomiklein.org/files/resources/pdfs/budhoo.pdf
Interview mit Naomi Klein u. a. zu Michael Bruno
http://www.naomiklein.org/meet-naomi/interviews/monday-magazine
Michael-Bruno Rede über die absichtliche Auslösung bzw. Vertiefung von Wirtschafts- krisen
http://www.gsid.nagoya-u.ac.jp/sotsubo/DeepCrisis_Bruno.pdf
Manifest von Democracia Real Ya
http://www.democraciarealya.es/?page_id=2605
Gesetzentwurf von Netzwerk Volksentscheid
http://netzwerkvolksentscheid.de/filesdateien/Ausf%C3%BChrungsgesetz%20Stand%2012.5.11-1.pdf
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