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Montag, 27. Oktober 2014

Globales Staateninsolvenzverfahren zur Schaffung einer privaten Neuen Weltordnung (NWO)

27.10.2014 | Unser Politikblog

Der souveräne Staatsbankrott

 Ein Staatsbankrott liegt vor, wenn ein Staat offiziell einräumt, nicht mehr alle Gläubiger pünktlich bezahlen zu können. In der Menschheitsgeschichte hat es Hunderte Staatsbankrotte gegeben. Normal ist, dass der betroffene Schuldnerstaat dann selbst über seine teilweise Schuldenreduzierung im Sinne eines fairen Ausgleichs zwischen Einwohnern und Gläubigern entscheidet.
So hat das Waldenfels-Urteil vom 23.05.1962 (1 BvR 987/58, BVerfGE 15,126) über den westdeutschen Staatsbankrott nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden, dass Staaten konkursunfähig sind (Rn. 62). Der Grund für die Konkursunfähigkeit von Staaten liegt darin, dass im Vordergrund „die Schaffung einer Grundlage für die Zukunft“ steht und nicht „die Abrechnung über die Vergangenheit“; dieses „Prinzip der Sanierung findet sich allenthalben in der Geschichte des Staatsbankrotts und ist unvermeidlich, weil gesunde staatliche Finanzen die erste Voraussetzung für die Entwicklung des sozialen und politischen Lebens sind“.

Auch Argentinien und Russland haben ihre jüngsten Staatsbankrotte souverän bewältigt.


Sie haben es gut gemeint.

Sogenannte „Geier-Fonds“ haben argentinische Staatsanleihen deutlich unter Nennwert erworben und erfolgreich (aus Sicht des US-Zivilrechts) vor US-Gerichten geltend gemacht, nicht an die Vereinbarungen zur Schuldenreduzierung, welche Argentinien mit der Mehrzahl seiner privaten Gläubiger getroffen hatte, gebunden zu sein. Die Vereinbarung mit der Mehrzahl der privaten Gläubiger enthält allerdings die sogenannte „Rufo-Klausel“, nach welcher Argentinien seine damaligen privaten Gläubiger alle gleich behandeln muss, und welche noch bis Ende 2014 gilt. Wenn sie nun, den Urteilen auf Grundlage des US-Zivilrechts folgend, den „Geier-Fonds“ eine höhere Quote geben würden, dann würden die alten Schulden in voller Höhe gegenüber den privaten Gläubigern wieder aufleben, und Argentinien wäre schon wieder bankrott.
Daher der verständliche Wunsch von zahlreichen Staaten, darunter von Argentinien, Bolivien und Jamaika, die Gleichbehandlung aller privaten Gläubiger festzulegen, damit „Geier-Fonds“ für sich keine Sonderkonditionen mehr erstreiten können. Dafür verlegt man nun auf Grundlage eines neuen argentinischen Gesetzes das Girokonto, über welches die Zahlungen an die privaten Gläubiger laufen, von den USA nach Argentinien. Der nächste sinnvolle Schritt wäre gewesen, dem US-Zivilrecht nun die in Argentinien geltenden Grund- und Menschenrechte entgegenzuhalten, die alle höherrangig sind als das Zivilrecht und diesem daher Grenzen setzen.

Stattdessen hat man am 09.09.2014 beschlossen, ein Staateninsolvenzverfahren zu schaffen.


Das globale Staateninsolvenzverfahren

Am 09.09.2014 hat die Uno-Vollversammlung eine von Bolivien am 28.08.2014 eingebrachte Resolution (Az. A/68/L.57/Rev.1) beschlossen mit 124 Ja-Stimmen, 11 Nein-Stimmen und 41 Enthaltungen, welche noch innerhalb der gegenwärtigen UN-Sitzungsperiode die Schaffung eines völkerrechtlichen Vertrags für ein Staateninsolvenzverfahren für die Entwicklungsländer fordert (Nr. 5 der Resolution).

Nr. 4 der Resolution ermutigt die Uno, sich weiterhin für nachhaltige Entwicklung („sustainable development“) einzusetzen, und ermutigt IWF und Weltbank („the international financial institutions“), sich weiterhin für eine dauerhafte Lösung der Schulden der Entwicklungsländer einzusetzen, und zwar jeder im Rahmen seines Mandats.
Das heißt, um die „nachhaltige Entwicklung“ (Gleichgewicht zwischen Wirtschaftswachstum, sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz) soll sich danach die Uno kümmern und um die Schulden IWF und Weltbank. Wo käme man denn da hin als IWF oder Weltbank, wenn die Uno das Schuldenproblem dauerhaft am Maßstab der universellen Menschenrechte lösen würde?

Nr. 3 der Resolution lädt IWF und Weltbank („the Bretton Woods institutions“) und den Privatsektor ein, mit angemessene Maßnahmen und Aktionen zu unternehmen für die Umsetzung der Verpflichtungen, Vereinbarungen und Entscheidungen der größeren UN-Gipfel, vor allem solcher, die sich beziehen auf die Schuldentragfähigkeit („debt sustainability“) der Entwicklungsländer. Die Resolution spielt mit dem Wort „sustainable“. Die Herzen der Regierungsvertreter der ärmeren Länder gewinnt man mit dem Bekenntnis zur nachhaltigen Entwicklung („sustainable development“), und IWF, Weltbank und Privatsektor lässt man sich Maßnahmen und Aktionen zur Schuldentragfähigkeit („debt sustainability“) kümmern.

Was der IWF unter „debt sustainability“ versteht, hat der ehemalige Unabhängige Experte der Uno zu Finanzkrise und Menschenrechten, Prof. Dr. Cephas Lumina, in Nr. 39 seines Berichts vom 07.03.2014 zu Griechenland (A/HRC/25/50/Add.1) verdeutlicht:
„From a human rights viewpoint, the IMF debt sustainability assessment has limitations. It is too narrowly focused on debt repayment capacity. As the Independent Expert has stressed on previous occasions, debt sustainability analyses should include an evaluation of the level of debt that a country can carry without undermining its capacity to fulfill its human rights obligations.“
(„Von einem menschenrechtlichen Standpunkt, ist die Schuldentragfähigkeitsanalyse des IWF eingeschränkt. Sie ist zu eng fokussiert auf die Schuldenrückzahlungsfähigkeit. Wie der Unabhängige Experte bei früheren Gelegenheiten betont hat, sollten Schuldentragfähigkeitsanalysen eine Einschätzung des Schuldenstands beinhalten, welchen ein Land tragen kann, ohne seine Fähigkeit zur Erfüllung seiner menschenrechtlichen Verpflichtungen zu unterminieren.“)

Die Einladung durch Nr. 3 der Resolution vom 09.09.2014 auch an den Privatsektor zu den „Maßnahmen“ und „Aktionen“ erinnert an die rechtsgrundlagenlose (willkürliche) Praxis des IWF, private Banken zu den vom IWF entworfenen Auflagen noch weitere hinzufügen zu lassen („Wiener Initiative“) und an das Gerede in Europa vor Einführung des ESM, in dessen Staateninsolvenzverfahren die Versammlung der privaten Gläubiger dann offiziell den Schuldnerstaaten Auflagen machen darf.

Die Menschenrechte werden in der ganzen Resolution nicht ein einziges Mal explizit erwähnt, nur einmal implizit im letzten Erwägungsgrund als Teil der Ziele („purposes“, siehe Art. 1 Nr. 3 Uno-Charta) der Vereinten Nationen.

Das ist bemerkenswert für eine von Bolivien eingebrachte Resolution. Bolivien hat sich erst im Jahr 2008 eine neue Verfassung mit mehr sozialen Grundrechten gegeben, auch um seinen sozialen Aufschwung auf eine Grundlage mit Verfassungsrang zu stellen. Und dann geht von Bolivien eine Resolution aus, die ein Staateninsolvenzverfahren mit einer starken Stellung von IWF, Weltbank und privaten Gläubigern will, und bei der die Menschenrechte unter ferner liefen sind. Das widerspricht bereits offensichtlich Art. 28 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR), welche alle Staaten unterzeichnen, wenn sie Uno- Mitglied werden, und wonach alle Menschen ein Recht haben auf eine soziale und internationale Ordnung, in welcher die universellen Menschenrechte voll verwirklicht werden können.
Und dabei hat der Präsident Boliviens, welches die Resolution am 28.08.2014 eingebracht hat, laut dem Amerika21 – Arikel „Evo Morales: IWF soll Völker entschädigen“ vom 16.02.2014 noch gefordert gehabt, über Schadensersatz des IWF gegenüber den Schuldnerländern nachzudenken. Dem läuft die von Bolivien eingebrachte und am 09.09.2014
beschlossene Resolution aber vollkommen entgegen. Es wirkt so, als hätte Boliviens Präsident, vielleicht aus einem Gefühl von Zeitmangel, den Resolutionsentwurf nicht hinreichend kontrolliert, bevor er eingebracht worden ist.

Der fünftletzte Erwägungsgrund ganz unten auf de dritten Seite der Resolution stellt besorgt fest, dass das internationale Finanzsystem („the international financial system“) kein solides Rahmenwerk habe für die ordnungsgemäße und vorhersagbare Umstrukturierung von Staatsschulden. Das muss sich auf der Zunge zergehen lassen. Hier möchte man also etwas haben, was es noch nicht gibt, und zwar für das internationale Finanzsystem, also etwas, was vor allem den international tätigen Banken nutzen soll, nicht den verschuldeten Staaten und schon gar nicht deren Einwohnern. Zugunsten der international tätigen Banken soll Vorhersagbarkeit und Ordnungsmäßigkeit geschaffen werden. „Vorhersagbarkeit“ könnte dabei auch in dem Sinne interpretiert werden, die Regeln des internationalen Staateninsolvenzverfahrens auch insoweit uneingeschränkt anzuwenden, wie diesem gegenüber Grundrechte und Menschenrechte, weil sie rechtlich höherrangig sind, Grenzen setzen setzen, also im Staateninsolvenzverfahren ohne Rücksicht auf Grundrechte und Menschenrechte zu agieren, weil mit deren Anwendung die Verpflichtung zur Festlegung eines fairen Kompromisses zwischen Gläubigern und Einwohnern an ihrem Maßstab vorhersagbar wäre, die Vorhersagbarkeit für einzelne Gläubigergruppen, was für sie dabei herauskommt, aber dadurch umso geringer.

Das Rahmenwerk bezieht sich offensichtlich auf den völkerrechtlichen Vertrag für ein Staateninsolvenzverfahren, den zu schaffen die Resolution vom 09.09.2014 ja gerade den Auftrag gegeben hat. Und das Rahmenwerk (der völkerrechtliche Vertrag) für das internationale Staateninsolvenzverfahren soll dann also so beschaffen sein, dass die Kosten der „non-compliance“ weiter erhöht werden („further increases“). Das dürfte sich vor allem beziehen auf die sozialen und menschlichen Kosten der Einwohner der Schuldnerländer, soweit jeweils nicht alle Auflagen aus dem Staateninsolvenzverfahren erfüllt werden. Die „weitere Erhöhung“ dürfte gemeint sein im Vergleich zu den Folgen, die es heutzutage hat, wenn ein Staat seine Auflagen beim IWF nicht vollständig erfüllt. Es könnte sich außerdem beziehen auf die Privatisierung von Daseinsvorsorge und hoheitlichen Einrichtungen bei Nicht-Erfüllung von Auflagen aus dem Staateninsolvenzverfahren. Die „weitere“ Erhöhung zeigt, dass es solche Kosten der „non-compliance“ heute schon gibt, und dass diese auch vor der Resolution vom 09.09.2014 schon einmal erhöht worden sind. Auf die „Geierfonds“ kann sich dieser Erwägungsgrund kaum beziehen, denn im Vergleich zur Situation der Einwohner der Schuldnerländer ernst zu nehmende Kosten einer „non-compliance“ gibt es für diese heute nicht.

Hinsichtlich der „Geierfonds“, die man nun zum Anlass des Vorstoßes für ein internationales Staateninsolvenzverfahren genommen hat, will man natürlich, dass diese für sich keine Bevorzugung im Vergleich zu anderen privaten Gläubigern der Staaten mehr einklagen können (Erwägungsgrund in der Mitte der dritten Seite der Resolution). Dazu haben Weltbank und IWF offenbar bereits einiges ausgearbeitet, wie der gleiche Erwägungsgrund der Resolution vom 09.09.2014 erkennen lässt.
Ein Erwägungsgrund weiter unten erinnert an die vom IWF mit Unterstützung des internationalen Währungs- und Finanzausschusses (welcher Organisation ?) in 2003 ausgeführten Arbeiten zur Erstellung eines Vorschlags für ein internationales Staateninsolvenzverfahren.

Die Resolution vom 09.09.2014 ist nicht nur eines der wichtigsten Dokumente für die Einschätzung, was für einen Entwurf eines Staateninsolvenzverfahrens man noch in dieser UN-Sitzungsperiode präsentieren wird. Sie hat darüber hinaus auch eine entscheidende rechtliche Bedeutung. Bei völkerrechtlichen Verträgen gilt, wie man das von einfachen Gesetzen her auch kennt, grundsätzlich, dass Vorschriften im Zweifel wörtlich auszulegen sind. Daneben gibt es gem. Art. 31 Wiener Vertragsrechtskonvention (WVRK) u. a. auch die „historische“ Auslegung, also dass man sich anschaut, was in den wichtigsten Dokumenten auf dem Weg zur Entstehung des jeweiligen völkerrechtlichen Vertrags steht. Die Resolution vom 09.09.2014 würde erhebliche Auswirkung auf die Auslegung des Vertrags über das internationale Staateninsolvenzverfahren haben, da genau diese Resolution den Auftrag dazu gegeben hat.

Das Papier „A New Approach to Sovereign Debt Restructuring“ der damaligen ersten stellvertretenden geschäftsführen-den IWF-Direktorin Anne Krueger aus April 2002 wollte ein Staateninsolvenzverfahren zur Gleichbehandlung der Gläubiger untereinander mit vom IWF zu ernennenden Insolvenzrichtern. Die Menschenrechte der Bevölkerung der Schuldnerländer sind dabei nicht im Blick.

Der Verband Erlassjahr will in seinem FTAP-Modell für ein weltweites Staateninsolvenzverfahren mit drei Schlichtern pro Staat – ohne verbindliche Verpflichtung der Schlichter auf die im jeweiligen Schuldnerland geltenden Grund- und Menschenrechte. Wie will Erlassjahr ohne eine solche Bindung an die Menschenrechte die nach eigener Aussage angestrebte Sicherung der Existenzmittel von Staaten und die Erfüllung der Uno-Milleniumsziele erreichen?



 Erfahrungen Argentiniens und Boliviens mit dem IWF

Der Film „Raubzug des IWF in Argentinien“ von Kanal B aus dem Jahr 2002 zeigt plastisch das Verhalten des IWF in Argentinien. Bis hinein in die 1970er vor Beginn der Militärdiktatur war Argentinien eines der Länder Lateinamerikas mit dem höchsten Wohlstand und einer breiten Mittelschicht. Seinen ersten IWF-Kredit nahm Argentinien bereits eine Woche nach dem Amtsantritt der Militärdiktatur in 1976 auf. Zum Ende der Diktatur hatte das Land 30,- Milliarden $ Schulden, davon die Hälfte vom Staat übernommene Privatschulden. 1983 bis 1989 wurden auf Druck des IWF immer mehr laufende Ausgaben gekürzt, 1989 bis 1992 alle Staatsbetriebe privatisiert. Seit der Regierung Menem wurde auch im sozialen Bereich so stark gekürzt, dass der Hunger begann, Jahre nach dem Ende der Diktatur. Laut dem Journalisten Sebastian Hacher (Indymedia) verhungerten in 2002 in Argentinien täglich etwa 100 Kinder; das entspricht 36.500,- damals im Jahr verhungerten Kindern in Argentinien, eine hohe Zahl insbesondere im Vergleich zu den 30.000,- von der argentinischen Militärdiktatur insgesamt ermordeten Menschen. Und die erwachsenen Argentinier, die der IWF verhungern ließ, sind dabei noch gar nicht mit gezählt. Eine Demonstrantin auf dem Marsch der Arbeitslosen am 11.03.2002 schätzte die Zahl der Hungernden damals allein für den Raum Buenos Aires auf etwa 4,- Millionen Menschen.
Die Privatisierung hat der IWF gegenüber Argentinien damals durchgesetzt selbst hinsichtlich der gesetzlichen Rentenversicherung und des Zolls (Studie “Argentinien: Tangotanz auf dem Vulkan” des Südwind-Instituts)

Der ehemalige Weltbank-Chefökonom Joseph Stiglitz zeigt auf S. 279 seines Buchs „Chancen der Globalisierung“ (Pantheon-Verlag) am Beispiel Argentiniens auf, dass dieses in seiner akuten Schuldenkrise vor der Wahl stand, ob es neue IWF-Kredite aufnimmt, nur um damit alte IWF-Kredite zu tilgen. Das Geld wäre also nur von einem IWF-Konto auf ein anderes geflossen. Argentinien hätte aber dafür wieder zusätzliche Auflagen vom IWF erhalten, welche die Rezession noch verschärft hätte. Argentinien gelang es damals tatsächlich, vom IWF einen teilweisen Schuldenerlass zu erhalten, die neuen Auflagen des IWF abzulehnen, im Gegenzug zur Rückzahlung seiner restlichen Schulden an den IWF. Der IWF hatte Argentinien zuvor schon zur Privatisierung seiner gesetzlichen Rentenversicherung und zur Erhöhung der Preise für Wasser und Strom gezwungen (S. 278).
Argentinien hatte die Erfahrung gemacht, dass der IWF den Staatsbankrott des Landes absichtlich in die Länge zog, um vorher noch möglichst viele Auflagen durchsetzen zu können (S. 281):
Sobald sich Argentinien auf eine bestimmte Forderung einließ, stellte der IWF neue Forderungen, um Argentiniens Agonie in die Länge zu ziehen und die Einstellung des Schuldendienstes so kostspielig wie möglich zu machen.“

In Bolivien gab es 1985 Unruhen auf Grund von Kürzungen von Nahrungs- und Treibstoffsubventionen nach entsprechenden IWF-Auflagen (Abschnitt “50 Jahre Bretton Woods” in Uwe Hoerings Werk “Zum Beispiel IWF & Weltbank”, Süd-Nord Lamuv-Verlag). Außredem sorgte in Bolivien die vom IWF durchgesetzte Handelsliberalisierung zusammen mit Hilfslieferungen für einen Rückgang der Nahrungsmittelerzeugerpreise von 1985 bis 1988 um 25,9 % (S. 232, „The Globalization of Poverty and the New World Order“, Prof. Dr. Michel Chossudovsky), was vor allem die bäuerliche Landwirtschaft getroffen haben dürfte. Laut Prof. Dr. Chossudovsky gab es 1985 in Bolivien auch einen Ausnahmezustand zur Durchsetzung der IWF-Auflagen.

Warum in aller Welt fordern dann Bolivien, Argentinien und 122 weitere Staaten ein Staateninsolvenzverfahren mit Einbindung von IWF, Weltbank und privaten Gläubigern ?


Weitere Erfahrungen mit IWF und Weltbank

Der ehemalige IWF-Mitarbeiter Davison Budhoo, der 12 Jahre lang für den IWF tätig gewesen war, darunter als „Resident Representative des IWF gegenüber Guayana, hat im Jahr 1991 angegeben, dass UNICEF herausgefunden habe, dass seit 1982 die Auflagen von IWF und Weltbank den Tod von bis zu 7 Millionen Kinder im Alter von unter 5 Jahren verursacht haben, was UNICEF als „gewaltigen Frevel gegen einen großen Teil der Menschheit“ bezeichnet habe (Vorwort von Davison Budhoo auf S. 12 der deutschen Fassung seines Werks „Genug ist Genug“, 1991, in deutscher Sprache veröffentlicht über Heinrich-Böll-Stiftung).
Das sind gewaltige Zahlen, vor allem, wenn man obendrein bedenkt, dass die meisten Menschen älter als 5 Jahre sind. Wieviele mögen es wohl insgessamt gewesen sein in der Zeit? Leider ist Budhoo 2001 verstorben, sodass man ihn nicht mehr zur Fundstelle dieser Zahl oder deren Berechnung befragen kann.

Wie durch IWF und Weltbank Hunger und fehlende medizinische Versorgung geschaffen wurde, findet sich u. a. in Prof. Dr. Michel Chossudovskys Werk „The Globalization of Poverty and the New World Order“(veröffentlicht unter Global Research) und in der UNICEF-Veröffentlichung „Adjustment with a Human Face“.

Darunter sind z. B. die Schaffung von Hunger durch Auflagen zur Schädigung der bäuerlichen Landwirtschaft oder künstlicher Währungsabwertung zur Erhöhung der Lebensmittelpreise in Äthiopien, Bangla Desh, Indien, Peru, Ruanda, Russland, Somalia und Vietnam.

Große Schäden des Gesundheitssystems durch Sparauflagen von IWF bzw. Weltbank berichtet Prof. Dr. Chossudovsky aus Albanien, Bangla Desh, Brasilien, Peru, Ruanda, Somalia und Vietnam.

Der damalige Uno-Sonderberichterstatter für das universelle Menschenrecht auf Nahrung (Art. 11 Uno-Sozialpakt), Prof. Dr. Jean Ziegler, hat in Nr. 69c seines Berichts vom 07.02.2001 (E/CN.4/2001/53) festgestellt, dass die Kreditauflagen von IWF und Weltbank weltweit der zweitgrößte Grund für den Hunger in der Welt sind, noch mehr als Biotechnologie und Kriege.

Wenn Budhoos Schätzung zutrifft, dann haben IWF und Weltbank zusammen noch mehr Menschen auf dem Gewissen, als die Nationalsozialisten Juden ermordet haben, oder als unter belgischer Kolonialherrschaft Kongolesen getötet worden sind – wenngleich auch die subjektiven Inhalte bei rassistisch motivierten Massenverbrechen noch vorsätzlicher sind und so die Tatbestandsmerkmale sogar des Völkermords (Art. 6 Römisches Statut) erfüllen, die Auferlegung von maßlosen Sparmaßnahmen, bei denen die Massenvernichtung NICHT das eigentliche Ziel ist, sondern z. B. die Absicherung oder Ermächtigung des Finanzsektors, kann immer noch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Art. 7 Römisches Statut) sein. Heute haben Deutsche und Belgier ihre historische Verantwortung gegenüber den Juden bzw. den Kongolesen einigermaßen aufgearbeitet. Dann sollte das doch auch bzgl. IWF und Weltbank möglich sein.

Und solchen Institutionen und zusätzlich noch privaten Gläubigern will man eine wichtige Rolle bei einem internationalen Staateninsolvenzverfahren geben, anstatt erst einmal zuvor deren bisherige Geschichte rechtlich aufzuarbeiten? Wer von den Politikern, die das beschlossen haben, hat die Resolution vom 09.09.2014 vorher gelesen?


Das Staateninsolvenzverfahren des ESM

Für die Staaten, deren Währung der Euro ist, gibt es bereits ein Staateninsolvenzverfahren. Auch das ist von erheblicher Bedeutung für die Prognose, wie der Entwurf für ein internationales aussehen könnte. Der ESM-Vertrag hat den ESM als eine neue völkerrechtliche Organisation gegründet. Anders als bei seinen Vorgängern „Griechenland-Hilfe“, EFSM und EFSF sind beim ESM Finanzhilfen nicht nur mit strengen Auflagen verbunden, sondern es gibt sie nur nach einer rigorosen Schuldentragfähigkeitsanalyse (Art. 13 ESM-Vertrag). Schuldentragfähigkeit misst man im EU-Recht an den Haushalten von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung (Protokoll Nr. 12 zu EUV und AEUV) und beim IWF (wie auch in den Schlussfolgerungen zum EU-Gipfel vom 24./25.03.2011 erläutert) daran, ob der jeweilige Staat mit dem vorhandenen Schuldenstand dem Schuldendienst nachkommen kann ohne unrealistisch große Änderungen an seinen Einnahmen und Ausgaben. Staaten, welche diese rigorose Schuldentragfähigkeitsanalyse nicht bestehen, bekommen nicht etwa direkt einen teilweisen Schuldenerlass, wie dies noch 2012 gegenüber Griechenland (über die EFSF) gewährt wurde, sondern werden ins Staateninsolvenzverfahren des ESM gezwungen. Art. 12 Abs. 3 ESM-Vertrag verpflichtet hierfür alle EU-Mitgliedsstaaten, sämtlichen ab dem 01.01.2013 begebenen Staatsanleihen kollektive Aktionsklauseln, also Zusatzbedingungen für den Fall eines Staatsbankrotts, beizufügen. Die Vorschriften für den Ablauf des Staateninsolvenzverfahrens hat man jeweils auf nationaler Ebene in Begleitgesetze zum ESM-Vertrag eingefügt, so hat man in Zypern dafür in das dortige Bundesschuldenwesengesetz eine entsprechende Verordnungsermächtigung eingefügt. In Deutschland hat das Gesetz zur Änderung des Bundesschuldenwesengesetzes (Drucksache 17/9049) §§4a bis 4k in das BSchuWG eingefügt. Darunter sind die Vorschriften zu Staateninsolvenzantrag, Staateninsolvenzeröffnung und zur Einberufung der Versammlung der privaten Gläubiger in §4e geregelt, die zur Staateninsolvenztabelle in §4c. Nach §4b kann die Versammlung der privaten Gläubiger die Änderung der Bedingungen der deutschen Staatsanleihen beschließen. Damit kann dann die Versammlung der privaten Gläubiger bei einer deutschen Staatsinsolvenz (statt der Troika) Auflagen für Deutschland machen im Gegenzug zu Schuldenerleichterungen. Es geht beim Staateninsolvenzverfahren des ESM darum, den Staaten der Eurozone aus Sicht des ESM-Rechts jeglichen souverän bewältigten Staatsbankrott zu untersagen, und sie stattdessen Auflagen der Versammlung der privaten Gläubiger zu unterwerfen.


 uninformierte Zustimmung der deutschen Bundestagsabgeordneten.zum Staateninsolvenzverfahren des ESM

Die deutschen Bundestagsabgeordneten wurden bei ihrer Zustimmung zum ESM und zu dessen Staateninsolvenzverfahren offensichtlich mehrheitlich irre geführt. Die Veröffentlichung des Bundestags zur Debatte vom 18.06.2012 (Drucksache 17/10031) beweist, dass die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten damals gegen einen Antrag der Grünen (unterstützt von einem Teil von SPD und Linken) vom 13.06.2012 gewesen sind, „die Bundesregierung aufzufordern, sich national, auf Ebene der Europäischen Union, der G20, außerhalb der G20, der Vereinten Nationen und der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) für die Einführung eines transparenten und unabhängigen Staateninsolvenzverfahrens einzusetzen.“
Die Fraktionen von CDU, CSU und FDP haben sich eher skeptisch geäußert, und der Rechtsausschuss, der Haushaltsausschuss, der Wirtschafts- und Technologieausschuss, der Entwicklungausschuss sowie der Europaausschuss haben jeweils mehrheitlich empfohlen gehabt, den grünen Antrag für ein Staateninsolvenzverfahren abzulehnen. Die SPD-Fraktion hat damals geäußert, eine Neuverhandlung des ESM sei unnötig, denn es „solle ein Insolvenzmechanismus implementiert werden, sobald er verhandelt sei.“ Die Bundesregierung wird u. a. zitiert, die Aufnahme eines Insolvenzmechanismus für die Eurozone in den gerade unterzeichneten ESM-Vertrag werde abgelehnt. Sie setze sich ferner für kollektive Aktionsklauseln „zur Lösung von Verschuldungssituationen unter Einbeziehung der Gläubiger nicht nur in einem europäischen, sondern in einem internationalen Rahmen“ ein. Die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten ist also ausweislich Drucksache 17/10031 nicht darüber informiert worden, dass Art. 12 Abs. 3 ESM, kollektive Aktions-klauseln und die Änderung des BSchuWG die Vorschriften zum Staateninsolvenzverfahren der Eurozone enthalten. Dabei hat die Bundesregierung an der Entwicklung des Staateninsolvenzverfahrens des ESM mitgearbeitet (Spiegel-Artikel „Bundesregierung entwickelt Verfahren für geordnete Staateninsolvenz“ vom 10.07.2010, Süddeutsche-Artikel „Spiegel: Regierung plant Insolvenzplan für Staaten“ vom 10.07.2010, Reuters-Artikel „Magazin: Insolvenz-verfahren für Pleite-Staaten erarbeitet“ vom 10.07.2010), und die Bedeutung der kollektiven Aktionsklauseln ebenso wie die vorgesehene Mitentscheidung der privaten Gläubiger über die Schuldenumstrukturierung müssen ihr bereits aus der Stellungnahme der Eurogruppe vom 28.11.2010 bekannt gewesen sein. Obwohl sie es ausweislich Bundestags-drucksache 17/10031 vom 18.06.2012 damals nicht gewollt hat, hat eine Mehrheit der Bundestagsabgeordneten am 29.06.2012 durch das Zustimmungsgesetz zum ESM und das Gesetz zur Änderung des BSchuwG der Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens zugestimmt.

Wie mag das wohl im Vergleich dazu am 09.09.2014 in der Uno-Vollversammlung gelaufen sein ?


Vorstellungen des BDI zu Staateninsolvenz und Privatisierung durch den ESM

Das BDI-Papier „Ein neuer Vertrag für den Euro – 12 Thesen aus einer industriellen Perspektive“ vom 07.09.2011 hat einen ESM („europäischen Fiskalfonds“) mit Staateninsolvenzverfahren verlangt. These Nr. 6 des Papiers verlangt Sicherheiten für die Staatsanleihen, These 7 ein Staateninsolvenzverfahren mit einer Schuldentragfähigkeitsanalyse pro Kreditrate und einer Vermutung der Staateninsolvenz ab 3 Jahren Bedarf an Finanzhilfe durch den ESM.
Laut dem Artikel „Deutsche Industrie fordert Zwangsvollstreckung für Schuldenstaaten“ der Deutschen Wirtschafts-nachrichten vom 18.08.2013 hat es der BDI-Geschäftsführer Markus Kerber als „seine Idee“ vorgeschlagen, da Privatisierungen oft so langsam erfolgten, „nationales Staatsvermögen“ auf den ESM zu übertragen und diesen dadurch zu einem „Euro-Schatzamt“ zu machen. Dann könnte man nach seinem Vorschlag „schuldrechtliche Ansprüche dagegen verrechnen“. Laut Herrn Kerber gibt es „Staatsvermögen“ „in allen Not leidenden Staaten im dreistelligen Milliarden-bereich“.
Der BDI hat sich hier weit in die Karten schauen lassen. Das Lobbying von Großbanken und von deren Think Tanks dürfte im Vergleich dazu noch um einiges einflußreicher gewesen sein.


Vielleicht will man beim Vertrag zum internationalen Staateninsolvenzverfahren den gleichen Weg gehen. Kollektive Aktionsklauseln, die allen neuen Staatsanleihen beizufügen sind, wird man vermutlich auch für ein globales Staateninsolvenzverfahren vorschreiben wollen, damit nicht nur der betroffene Schuldnerstaat, sondern auch alle Gläubiger an die Entscheidungen im Staateninsolvenzverfahren gebunden werden. Es fragt sich nur, ob man auch für das internationale Staateninsolvenzverfahren Sicherheiten des jeweiligen Staates vorschreiben will, um im Staateninsolvenzverfahren die Privatisierung von Daseinsvorsorge und hoheitlichen Einrichtungen weltweit schneller durchzusetzen.


Strenge, Sozialkahlschlag, Privatisierung von Daseinsvorsorge und Hoheitlichem – alles für die Finanzstabilität des Finanzsektors
Die Auflagen zu Lasten der Einwohner sind bei den europäischen Mechanismen des Europäischen Finanzierungsmechanismus („Griechenland-Hilfe“, EFSM, EFSF und ESM) und der EU-Wirtschaftsregierung (verschärfter Stabilitäts- und Wachstumspakt, Ungleichgewichtsverfahren und Haushaltsmäßige Überwachung) darauf verpflichtet, „streng“ zu sein (Art. 3 ESM-Vertrag, Art. 136 Abs. 3 S. 2 AEUV, Erwägungsgrund 3 i. V. m. Art. 6 EU-Verordnung 2011/385 (COD)). Gemeint ist damit streng wie gegenüber Griechenland (Präambel EFSF-Rahmenvertrag), „sehr streng“ (Nr. 49 Bericht der Task Force vom 21.10.2010) und wie in der „Praxis“ des IWF (Schlussfolgerungen des Ecofin-Rats vom 09.05.2010 (Az. SN 2564/1/10), Stellungnahme der Euro- gruppe vom 28.11.2010). Sinn dieser völkerrechtlichen Verpflichtung auf eine Strenge wie beim IWF ist die Absicherung der „Finanzstabilität“ des Finanzsektors, wofür die „Stabilität des Euro-Währungsgebiets als Ganzes“ (Art. 136 Abs. 3 S. 1 AEUV) oder „Euro-Rettung“ nur eine Metapher ist (siehe Erwägungsgründe vom 16./17.12.2010 zur Initiierung von Art. 136 Abs. 3 AEUV, Schlussfolgerungen des EU-Gipfels vom 24./25.03. 2011, Stellungnahme der Eurogruppe vom 28.11.2010 sowie die ständige Verwendung des Begriffs „Finanzstabilität“ in den Länderbeurteilungen des IWF). Ohne diese Irreführung wären die insgesamt vierstelligen Milliardenbeträge zusätzlich zu denen für die offiziellen nationalen Bankenrettungsinstitutionen kaum bewilligt worden. Und dafür will man „streng“, d. h. weitestgehend ohne Rücksicht auf jegliche Grund- und Menschenrechte (incl. Würde, Eigentum und Gleichheitsgrundsatz) die Sozialleistungen reduzieren sowie die Daseinsvorsorge und fast die gesamten hoheitlichen Tätigkeiten (bis auf eine Fassade aus Regierung und Parlament) des Staates funktionell privatisieren. Dass die Strenge im Staateninsolvenzverfahren auf den totalen Ausverkauf des Schuldnerstaates gerichtet ist, zeigt auch der Abschnitt „Fairness“ in den Schlussfolgerungen des EU-Gipfels vom 24./25.03.2011, wonach ein auch nur teilweiser Erlass des Nennbetrags der Schulden überhaupt erst in Betracht kommt, wenn keine anderen Maßnahmen mehr verbleiben, von denen die Erreichung der erwarteten Ergebnisse anzunehmen ist.
Und angesichts Hunderter von Milliarden allein aus Deutschland für Soffin, „Griechenland-Hilfe“, EFSM, EFSF und ESM ist damit zu rechnen, dass immer mehr Staaten einschließlich Deutschland ins Staateninsolvenzverfahren des ESM geraten.


Die Involvierung von IWF, Weltbank und privaten Gläubigern ins internationale Staateninsolvenzverfahren hat die Resolution vom 09.09.2014 bereits gefordert. Auch die Ausrichtung des Staateninsolvenzverfahrens am Interesse der Banken an mehr Ordnungsmäßigkeit und Vorhersagbarkeit (aus deren Perspektive) sowie nach mehr Strenge (Erhöhung der Kosten der „non-compliance“) auf Kosten der Schuldnerstaaten und deren Einwohner sind in der Resolution vom 09.09.2014 bereits enthalten.
Das sind gewichtige Indizien dafür, dass der Inhalt des Vertragsentwurfs für das internationale Staateninsolvenzverfahren ähnlich wie der ESM-Vertrag werden wird.


Weitere Vorstöße zur Privatisierung der Daseinsvorsorge und des Hoheitlichen
Der Lissabon-Vertrag fügte ins EU-Primärrecht die Verpflichtung der EU-Mitgliedsstaaten zur funktionellen Privatisierung (Vergabe) der Daseinsvorsorge („Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“, Art. 14 AEUV) und der hoheitlichen Tätigkeiten („nichtwirtschaftliche Dienste von allgemeinem Interesse“, Art. 2 von Protokoll 26 zu EUV und AEUV) ein. Die Zustimmung zum Lissabonvertrag ließ das deutsche Bundesverfassungsgericht im Lissabonurteil vom 30.06.2009 nur mit zahlreichen Maßgaben zu, darunter der Schutz des zivilen, polizeilichen und militärischen Gewaltmonopols (Rn. 249, 251 und 252 Lissabonurteil), also die Untersagung der Privatisierung hoheitlicher Tätig- keiten.
Der geplante transatlantische Handelsvertrag TTIP hat hinsichtlich der Staateninsolvenz eine mehrfache Funktion. Die Investitionsschutzklauseln, wonach private Schlichter über Schadensersatz aus staatlichen Mitteln für nicht erfüllte Gewinnerwartungen entscheiden sollen, erhöhen das Risiko eines Staatsbankrotts (und damit aus Sicht des ESM-Rechts der Staateninsolvenz) deutlich weiter. Darüber hinaus zielt das Verhandlungsmandat der EU-Kommission für TTIP darauf, alle europäisch geöffneten Dienstleistungsbereiche dann auch transatlantisch zu öffnen (siehe v. a. Tz. 19 des Verhandlungsmandats).
Auch beim Handelsabkommen TISA will man die Dienstleistungen weiter kommerzialisieren, wobei zu untersuchen bleibt, inwieweit TISA dabei auch die Daseinsvorsorge und die hoheitlichen Aufgaben umfassen soll.


Alle Banken sind ersetzbar.
Die heutige Form der Giralgeldschöpfung erfolgt im Zeitpunkt der Kreditgewährung durch die Bank mit der Buchung „Forderung (an den Kunden auf Rückzahlung) an Verbindlichkeit (an den Kunden auf Auszahlung)“. Das Giralgeld, welches nichts anderes ist als die bei dieser Buchung entstandene Verbindlichkeit der Bank, wird also aus dem Nichts geschaffen, und es verschwindet wieder durch Rückzahlung der Kredite. Die Zinsansprüche der Banken hingegen wer- den an Ertrag gebucht ohne Erhöhung der Giralgeldmenge, können also nur durch reale Güter und Dienstleistungen er- wirtschaftet werden. der Zur heutigen FormGiralgeldschöpfung siehe Nr. 1 des Papiers „Information Money and the End of Global Debt“ von Prof. Dr. Franz Hörmann (Wirtschaftsuniversität Wien). 

Die Giralgeldschöpfung aus dem Nichts zeigt, dass im Sinne der Kreditversorgung jede Bank ersetzbar ist, und es keine systemischen Banken gibt. Die ganze Bankenrettung (Soffin, „Griechenland-Hilfe“, EFSM, EFSF, ESM) mitsamt Aushebelung von Grund- und Menschenrechten (der sozialen Rechte ebenso wie auch des Rechts der Bevölkerung auf Eigentum) über die Strenge und mitsamt Ausverkauf von Daseinsvorsorge und fast allen hoheitlichen Institutionen ist volkswirtschaftlich vollkommen unnötig und sollte mit allen dafür zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln gestoppt werden, bevor die Gläubiger der Staaten auch noch die reale Kontrolle über Daseinsvorsorge, Behörden, Gerichte, Polizei und Militär übernehmen.
Die Absicherung von Sparkonten oder betrieblichen Girokonten bis zu einem bestimmten Betrag wäre viel preiswerter. Dafür muss man keine Banken retten. Und wenn Banken zu groß werden, dann müssen wir nur die pro Jahr erlaubte Geldschöpfung pro Bank gesetzlich deckeln, damit sie sich freiwillig selbst entflechten.


Die NWO
Die Schaffung eines solchen Staateninsolvenzverfahrens würde hauptsächlich die politische Macht der großen privaten Gläubigern der Staaten und des IWF stärken, die noch mehr und härtere politische Auflagen machen könnten, und noch billiger und mehr Daseinsvorsorge und hoheitliche Einrichtungen kaufen könnten. Es geht darum, den Staaten die Kontrolle über ihre hoheitlichen Institutionen zu entwinden, so gut wie nur noch Regierung und Parlament als Fassade stehen zu lassen, welche die Staaten noch mit eigenem Personal betreiben. Alles andere, vom Sozialamt bis zu den Gerichten, der Polizei und der Armee würde in private Händer übergehen. Es geht nach meiner Überzeugung bei der „Neuen Weltordnung“ (NWO) nicht etwa um die Weltherrschaft der USA, die benutzt man nur, solange man sie noch zu glauben braucht. Wenn die reichsten Konzerne und Einzelpersonen in großem Umfang hoheitliche Einrichtungen erwerben, dann brauchen sie sich nur noch zu einem oder mehreren großen Kartellen zusammenschließen, und schon haben wir eine weltweite NWO als leicht verdeckte Konzernherrschaft. Und die Staaten haben dann keine Armeen, Polizei und Gerichte mehr, um sich dagegen zu wehren. Selbst wenn es dann eine ganze Reihe konkurrierender Kartelle werden sollten und nicht eine Weltjunta, hätte sich doch die NWO als weltweite Art der Herrschaftsordnung durchgesetzt.


Fazit:
Eine menschenwürdige und rechtsstaatliche Bewältigung von Staatsbankrotten gelingt nur souverän am Maßstab der im Schuldnerland geltenden Grund- und Menschenrechte. Man sollte sich besser gesichtswahrend darauf einigen, das weltweit zu respektieren – statt eines weltweiten Staateninsolvenzverfahrens, welches nach und nach alle Staaten zu Fassaden einer realen Konzernaristokratie machen würde. In 2015 dürfte es sich entscheiden.


V.i.S.d.P.:
Volker Reusing, Thorner Str. 7, 42283 Wuppertal


einige Fundstellen:

Artikel von Amerika 21 zu „Geierfonds“ und Argentinien:


was die Entwicklungsländer am 09.09.2014 gewollt haben

was sie am 09.09.2014 stattdessen beschlossen haben

IWF-Papier „A New Approach to Sovereign Debt Restructuring“ (April 2002)
www.imf.org/external/pubs/ft/exrp/sdrm/eng/sdrm.pdf

Amerika21 – Arikel „Evo Morales: IWF soll Völker entschädigen“ vom 16.02.2014

neue Verfassung Boliviens

Studie “Argentinien: Tangotanz auf dem Vulkan” des Südwind-Instituts)

Stellungnahme der Eurogruppe vom 28.11.2010:

Schlussfolgerungen des Gipfels vom 24./25.03.2011:

BDI-Papier „Ein neuer Vertrag für den Euro – 12 Thesen aus einer industriellen Perspektive“

Artikel „Deutsche Industrie fordert Zwangsvollstreckung für Schuldenstaaten“ der Deutschen Wirtschaftsnachrichten vom 18.08.2013.
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/08/18/deutsche-industrie-fordert-zwangsvollstreckung-fuer-schulden-staaten/

TTIP-Verhandlungsmandat der EU-Kommission (Stand 17.06.2013):

„Information Money and the End of Global Debt“, Prof. Dr. Franz Hörmann (Wirtschaftsuniversität Wien)

Bericht von Prof. Dr. Jean Ziegler vom 07.02.2001 (E/CN.4/2001/53)



2 Kommentare:

  1. Die Lösung ist total einfach!
    Alle Staatsschulden werden in Guthaben umgewandelt, danach wird das Geldmonopol wieder vom nationalen Schatzamt verwaltet.
    Geld wird danach nur noch Anleihe auf GELEISTETE Arbeit sein.
    Siehe Dipl. Ing. Gottfried Feder „Das Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft“

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  2. Was ist die "Finanzkrise"?

    "Der Sparer erzeugt mehr Ware, als er selbst kauft, und der Überschuss wird von den Unternehmern mit dem Geld der Sparkassen gekauft und zu neuen Realkapitalien verarbeitet. Aber die Sparer geben das Geld nicht her ohne Zins, und die Unternehmer können keinen Zins bezahlen, wenn das, was sie bauen, nicht wenigstens den gleichen Zins einbringt, den die Sparer fordern. Wird aber eine Zeitlang an der Vermehrung der Häuser, Werkstätten, Schiffe usw. gearbeitet, so fällt naturgemäß der Zins dieser Dinge. Dann können die Unternehmer den von den Sparern geforderten Zins nicht zahlen. Das Geld bleibt in den Sparkassen liegen, und da gerade mit diesem Geld die Warenüberschüsse der Sparer gekauft werden, so fehlt für diese jetzt der Absatz, und die Preise gehen zurück. Die Krise ist da."

    Silvio Gesell ("Die Natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld", 1916)

    Zwanzig Jahre später bezeichnete der "Jahrhundertökonom" John Maynard Keynes in seiner "Allgemeinen Theorie (der Beschäftigung der Politik)" dieses Phänomen, das sich zwangsläufig aus der Verwendung von hortbarem Geld mit Wertaufbewahrungs(un)funktion (Zinsgeld) ergibt, als "Liquiditätsfalle" – und beschrieb zwei Mittel, um sie hinauszuzögern: Erhöhung der Staatsverschuldung mit Ausgabe des Geldes für Projekte, die den Zinsfuß nicht senken (Löcher graben und wieder zuschaufeln, Kriegsrüstung, etc.), und Geldmengenausweitung.

    Um aus der Liquiditätsfalle herauszukommen, gibt es bei der weiteren Verwendung von Zinsgeld nur eine Möglichkeit: Eine umfassende Sachkapitalzerstörung muss den Zinsfuß anheben. Diese früher sehr beliebte "Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" konnte jedoch nur solange der "Vater aller Dinge" sein, wie es noch keine Atomwaffen gab!

    Was ist Politik?

    "Im Grunde ist Politik nichts anderes als der Kampf zwischen den Zinsbeziehern, den Nutznießern des Geld- und Bodenmonopols, einerseits und den Werktätigen, die den Zins bezahlen müssen, andererseits."

    Otto Valentin ("Warum alle bisherige Politik versagen musste", 1949)

    Was nun?

    "Ich finde die Zivilisation ist eine gute Idee. Nur sollte endlich mal jemand anfangen, sie auszuprobieren."

    Sir Arthur Charles Clarke (1917 - 2008)

    Der längst überfällige, eigentliche Beginn der menschlichen Zivilisation setzt die Überwindung der Religion voraus, die den Kulturmenschen "wahnsinnig genug" für ein darum bis heute fehlerhaftes Geld machte, lange bevor diese seitdem grundlegendste zwischenmenschliche Beziehung wissenschaftlich erforscht war:

    Einführung in die Wahrheit

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