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Donnerstag, 17. März 2011

Saudischer Militäreinsatz in Bahrein verstößt gegen Selbstbestimmungsrecht des bahreinischen Volkes

17. März 2011 | Unser Politikblog


 Laut dem Artikel "Bahrein ruft dreimonatigen Notstand aus" der taz vom 16.03.2011 sind am 14.03.2011  1.000 Soldaten aus Saudi-Arabien in Bahrein eingerückt. Laut dem taz-Artikel "Saudi-Arabien schickt Truppen" vom 15.03.2011 hatte die bahreinische Regierung zuvor über den Golf-Kooperationsrat um Unterstützung gebeten. Laut dem taz-Artikel vom 15.03.2011 fordern die Demonstranten in Bahrein demokratische Reformen und zum Teil auch den Rücktritt der Herrscherfamilie. Obwohl die Demonstranten ebenso wie die Bevölkerungsmehrheit in Bahrein in der Mehrzahl aus Schiiten besteht, die in Bahrein benachteiligt würden, sehen diese laut der taz ihre Protestbewegung nicht in erster Linie religiös motiviert. Laut dem Artikel vom 15.03.2011 sind die saudischen Truppen zumindest offiziell zum Objektschutz vorgesehen, damit die bahreinischen Sicherheitskräfte mehr Kapazitäten frei haben, um gegen die Demonstranten vorgehen zu können.
Laut dem taz-Artikel vom 15.03.2011 sind die Demonstranten in Bahrein ganz überwiegend friedlich. Auch die hier gezeigten Videoaufnahmen zeigen keine Gewalt, nicht einmal Bewaffnung von Demonstranten.  Laut dem Al Jazheera-Video fordern die Demonstranten nur friedlich ihre Rechte. Laut dem taz-Artikel vom 15.03.2011 sind die bahreinischen Demonstranten vor allem von den Vorbildern in Tunesien und Ägypten inspiriert, und nur ein Teil von ihnen fordert die Abdankung der Monarchenfamilie. Es handelt sich also offen- bar in erster Linie um eine Demokratiebewegung.

Es liegt offensichtlich KEIN bewaffneter Aufstand vor. Das ist rechtlich entscheidend, weil die Bekämpfung mit militärischen Mitteln nur zulässig ist gegen einen militärisch bewaffneten Gegner, also erst recht unzulässig ist gegen einen unbewaffneten. Die Genfer und Haager Konventionen des humanitären Kriegsvölkerrechts, wonach man gegen feindliche Soldaten und militärmäßig bewaffnete Aufständische militärisch vorgehen darf, sind hier also nicht anzuwenden, sondern es gilt der volle Menschenrechtsschutz.

Trotzdem zeigen die hier verlinkten Videos, dass vor allem die bahreinischen Sicherheitskräfte auf die De- monstranten geschossen haben. Dabei sind zumindest auch gepanzerte Fahrzeuge mit militärtypischer Bewaffnung zum Einsatz gekommen. Auf das Protestcamp der Demonstranten sind auch Brandbomben aus der Luft von Hubschraubern aus geworfen worden, was ein militär- und kein polizeitypischer Waffeneinsatz ist.
Ein bahreinischer Arzt, der zahlreiche schußverletzte Demonstranten behandelt hat, betont in dem Al Jaazheera- Video, dass die friedlichen Demonstranten gerade auch wegen des Schußwaffeneinsatzes ausländischer Kräfte dringend Hilfe benötigen. Das sind gewichtigste Indizien dafür, dass saudische Truppen neben den bahreinischen Sicherheitskräften, aktiv an der Beschießung friedlicher bahreinischer Demokraten teilnehmen.

Jede Tötung von friedlichen Demonstranten ist damit ein Verstoss gegen das Menschenrecht auf Leben (Art. 6 Uno-Zivilpakt). Selbst wenn nach bahreinischem Recht die Forderung nach Demokratie möglicherweise ein legaler Grund zur Ausrufung des Ausnahmezustands sein sollte, stellt Art. 4 Uno-Zivilpakt unmißverständlich klar, dass das Recht auf Leben zu den Menschenrechten gehört, die selbst beim Ausnahmezustand nicht ein- geschränkt werden dürfen.



Das Recht des Golf-Kooperationsrats kennen wir nicht. Vielleicht gibt es dort sogar eine Rechtsgrundlage für den saudischen Einmarsch in Bahrein, vielleicht eine ähnliche Grundlage wie die blankettartige Solidaritäts- klausel in Art. 222 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

Selbst wenn das so sein sollte, wäre das Recht des Golfkooperationsrats aber vom Rang ganz normales Völkerrecht, über den einfachen Gesetzen (Art. 27 Wiener Vertragsrechtskonvention), aber unterhalb der nationalen Verfassungen und unterhalb der zum "ius cogens" (zwingendes Völkerrecht) gehörenden höchsten völkerrechtlichen Verträge (Uno-Charta, universelle Menschenrechte der Uno und humanitäres Kriegsvölker- recht).

Da die saudischen Truppen auf Anfrage der bahreinischen Regierung entsandt wurden, ist die Souveränität der Staaten (Art. 2 Abs. 1 Uno-Charta) ebenso gewahrt wie das völkerrechtliche Angriffskriegsverbot (Art. 2 Abs. 4 Uno-Charta).

Es liegt jedoch ein Verstoß gegen das politische Selbstbestimmungsrecht des bahreinischen Volkes (Art. 1 Uno-Sozialpakt, Art. 1 Uno-Zivilpakt) vor.
Die Resolution 2625  (XXV) der Uno-Vollversammlung vom 24.10.1970 über völkerrechtliche Grundsätze für freundschaftliche Beziehungen zwischen den Staaten im Sinne der Charta der Vereinten Nationen zielt auf eine möglichst starke Wahrung der Souveränität und des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Sie bestätigt, dass das Selbstbestimmungsrecht der Völker so weit zu wahren ist, wie das mit der Souveränität der Staaten gerade noch vereinbar ist. Die Resolution 2625 verbietet sogar ausdrücklich jegliche ausländische militärische Einmischung zur Unterdrückung des Selbstbestimmungsrechts des Volkes:
"Auf Grund des in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsatzes der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker haben alle Völker das Recht, frei und ohne Einmischung von außen über ihren politischen Status zu entscheiden, und ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu gestalten, und jeder Staat ist verpflichtet, dieses Recht im Einklang mit den Bestimmungen der Charta zu achten."

Das Selbstbestimmungsrecht des bahreinischen Volkes wurde hier also gleich mehrfach verletzt. Durch die bahreinische Regierung, die unter Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des eigenen Volkes ausländische Militärhilfe angefordert hat gegen friedliche Demonstranten, und die saudische Regierung, die diese unter Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des bahreinischen Volkes gewährt hat.

Die Resolution 2625 zeigt zugleich eine Lösung für das bahreinische Volk auf. Danach hat jeder Staat die Pflicht, Gewaltmaßnahmen gegen das Selbstbestimmungsrecht der Völker zu unterlassen, darf also auch nicht gewaltsam gegen das Selbstbestimmungsrecht des eigenen Volkes vorgehen. Da es zur Gewalt gegen das Volk gekommen ist, hat das bahreinische Volk nach Resolution 2625 nun selbst das Recht, im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der Uno-Charta (Art. 1 Uno-Charta) Unterstützung zu erbitten und zu erhalten.

Wir sind der Rechtsauffassung, dass dem bahreinischen Volk der Schutz durch Uno-Blauhelme zusteht, und dass schleunigst eine Uno-Resolution dafür erforderlich ist. Das würde auch Saudi-Arabien und andere Golf- staaten wie Kuwait, die Polizeikräfte geschickt haben, aus ihrer völkerrechtlichen Zwickmühle zwischen Loyalität im Rahmen des Golf-Kooperationsrats und gleichzeitigem Verstoss gegen dem gegenüber höher-rangigeren universellen Menschenrechten, zumindest insoweit sie an der Gewalt gegen die friedlichen Demokraten teilnehmen, oder diese mit ermöglichen, befreien.

Eine weitere Möglichkeit ist, einfach saudisches und bahreinisches Öl solange zu boykottieren, bis die Gewalt aufhört. Das kann jeder von uns an der Tankstelle der Ölgesellschaft seiner Wahl mitteilen.
In 2003 hat die Kampagne "Mineralölgesellschaften für den Frieden" von Ethical Refuelling spürbar dazu bei- getragen, dass ein Teil der Mineralölgesellschaften und davon inspiriert auch ein Teil der Politik vor allem in Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Belgien, sich gegen den Irak-Krieg gewandt hat.
Also liebe Autofahrerinnen und Autofahrer. Nutzen Sie Ihre Tankstellenaufenthalte, oder wenden Sie sich di- rekt telefonisch an die Mineralölgesellschaften Ihres Vertrauens, und fordern Sie diese höflich auf, saudisches und bahreinisches Öl bis zum Ende der Gewalt in Bahrein zu boykottieren. Wenn bei dieser freundlichen Kampagne genug Autofahrer mitmachen, dann dürfte die Gewalt schnell beendet sein.

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