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Politikblog | 21.10.2016
(Pressemitteilung
mit der Bitte um Veröffentlichung)
Volker Reusing und Wolfgang Effenberger mit Verfassungsbeschwerde (Az. 2 BvR 2174/16) |
Am
18.10.2016 haben Volker Reusing und Wolfgang Effenberger innerhalb
der Frist von einem Jahr Verfassungsbeschwerde (Az. 2 BvR 2174/16)
eingelegt gegen den Beschluss des Bundestags vom 03.12.2015
(Drucksache 18/6866) über den Syrien-Einsatz der Bundeswehr.
Der
Einsatz verletzt objektiv die Angriffskriegsverbote des Grundgesetzes
und der Uno-Charta und stört das friedliche Zusammenleben der Völker
(Art. 26 GG, Art. 2 Abs. 4 Uno-Charta). Im Juni 2016 hat der Protest
der syrischen Regierung bewiesen, dass diese den ihr gegenüber
ungefragten und nicht mit ihr abgestimmten Einsatz ablehnt. Auch der
Parlamentsvorbehalt (Art. 115a GG) ist verletzt, denn die Zustimmung
des Bundestags hätte auch bereits vor dem EU-Bündnisfallbeschluss
vom 16./17.11.2015 (Az. 14120/15) eingeholt werden müssen. Die
Bündnisfall-Klausel (Art. 42 Abs. 7 EUV) ist zudem noch gar nicht
gültig gewesen, denn zuvor hätte, wie bereits das Lissabon-Urteil
vom 30.06.2009 festgestellt hat, erst auf EU-Ebene beschlossen werden
müssen, dass die EU eine gemeinsame Verteidigungspolitik haben
wolle, und dem von den nationalen Parlamenten aller
EU-Mitgliedsstaaten zugestimmt werden müssen (Art. 42 Abs. 2
Unterabs. 1 EUV). Zumindest letzteres ist nie geschehen. Ohne gültige
Bündnisfall-Klausel ist die EU auch kein System gegenseitiger
kollektiver Sicherheit; außer zur Landesverteidigung darf die
Bundeswehr gem. Art. 24 Abs. 2 GG Kampfeinsätze nur im Rahmen von
Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit durchführen. Und die
internationale Allianz im Kampf gegen Isis ist ein ad hoc – Bündnis
ohne ratifizierten Vertrag und damit offensichtlich ohne
Bündnisfall-Klausel. Auch die Syrien-Resolutionen des
Uno-Sicherheitsrats können den Einsatz nicht tragen, da sie gerade
nicht gem. Art. 42 Uno-Charta feststellen, dass friedliche Mittel
erfolglos geblieben oder aussichtlos wären, weil sie deshalb auch
gerade keine Ermächtigung für militärische Mittel geben, sondern
ganz im Gegenteil auf Verhandlungen und auf immer härtere Sanktionen
gegen Isis, gegen Al Qaida und gegen immer mehr Gruppen von deren
Unterstützern setzen.
Die
Anschläge in Paris vom 13.11.2015 waren unterhalb der Schwelle eines
militärisch bewaffneten Angriffs. Der Bündnisfall-Beschluss hat de
facto nur einen erheblichen Teil der Öffentlichkeit und der
Politiker davon abgelenkt, dass es sich tatsächlich beim
Syrien-Einsatz um einen Kampfeinsatz für Werte und Interessen (Art.
42 Abs. 5 EUV) und zur Krisenintervention (Art. 43 Abs. 1 EUV)
handelt – entsprechend der Ideologie der „humanitären
Intervention“. Diese geht auf die Studie „Self Determination in
the New World Order“ des Think Tanks Carnegie Endowment for
International Peace aus dem Jahr 1992 zurück und zielt nachweislich
darauf, das Angriffskriegsverbot aus Art. 2 Abs. 4 Uno-Charta und die
Zuständigkeiten des Uno-Sicherheitsrats umgehbar zu machen. Die
Ideologie der „humanitären Intervention“ ist in den letzten 24
Jahren für zahlreiche „Farbenrevolutionen“und Kriege incl. der
am 31.08.2013 damals gerade noch abgewendeten Eskalation des
Syrien-Konflikts zum Weltkrieg verantwortlich gewesen.
Die
Verfassungsklage beantragt die Untersagung des Syrien-Einsatzes auch
wegen der Weltkriegsgefahren des Syrien-Konflikts, zu denen
Deutschland angesichts des Friedensgebots (Art. 1 Abs. 2 GG) nicht
auch noch mit beitragen darf. Isis und Al Qaida wollen nachweislich
die in der islamischen Offenbarungsgeschichte beschriebene
Endschlacht herbeiführen, indem sie einen in Syrien beginnenden
Weltkrieg provozieren. Beide streben ebenso wie die
Moslembruderschaft ein globales Kalifat an, und es ist
undurchsichtig, inwieweit die Dschihadisten tatsächlich von wem
gesteuert werden. Ein Weltkrieg wäre heute thermonuklear, und es
würde ihn niemand überleben. Er droht angesichts des in erheblichem
Maße nicht miteinander koordinierten Einsatzes der Luftwaffen und
zum Teil Bodentruppen in Syrien mit unterschiedlichen Interessen.
Auch das
CNAS-Papier
„Defeating the Islamic State – A Bottom-Up Approach“,
Überlegungen innerhalb des Nationalen Sicherheitsrats der USA zu
einem eventuellen direkten Angriff auf die syrische Armee,
die
in den USA diskutierte Verhängung einer Flugverbotszone für
syrische und russische Flugzeuge in Syrien sowie die Drohung
Russlands, die russischen Truppen in Syrien bedrohende Flugzeuge
abzuschießen, würden im Falle ihrer Durchsetzung in den Weltkrieg
führen. Am 31.08.2013 ist die globale Eskalation schon einmal sehr
knapp verhindert worden, weil in Zusammenhang mit dem
Chemiewaffenzwischenfall in Ghouta vom 21.08.2013 die USA über die
russische Drohung, im Falle von US-Luftschlägen gegen Syrien als
Vergeltung Saudi-Arabien anzugreifen, gerade noch rechtzeitig
unterrichtet worden sind. Auch der Abschuss eines russischen
Flugzeugs über Syrien durch die Türkei und die Bombardierung
syrischer Truppen in Deir Azzur hätten leicht zum Weltkrieg
eskalieren können.
Der
Beschluss des Bundestags vom 03.12.2015 sowie der
Bündnisfallbeschluss der Vertedigungsminister der
EU-Mitgliedsstaaten vom 16./17.11. 2015 haben die Vorgaben des
Lissabon-Urteils für eine mit der Uno-Charta vereinbare Auslegung
der Vorschriften des EUV zur Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik missachtet. Daher macht die Verfassungsbeschwerde
geltend, für Rechtssicherheit für die Friedensordnung der Vereinten
Nationen und den Bestand der Europäischen Union die
Bundesregierung zu verpflichten, in der Uno-Vollversammlung die
Einholung eines Gutachtens beim Internationalen Gerichtshof (IGH) zu
beantragen zu folgender Frage:
„Wie
genau muss die Auslegung der Vorschriften des Vertrags über die
Europäische Union (EUV) über
Militärinterventionen für Werte und Interessen (Art. 42 Abs. 5
EUV), über Militärinterventionen zur Einmischung in Krisen (Art. 43
Abs. 1 EUV) sowie die noch nicht gem. Art. 42 Abs. 2 Unterabs. 1 EUV
ratifizierte EU-Bündnisfallklausel (Art. 42 Abs. 7 EUV) jeweils mit
der Uno-Charta und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
(AEMR) konform einschränkend ausgelegt werden, dass die Möglichkeit,
mit diesen Vorschriften Art. 2 Abs. 4 Uno-Charta, Art. 103 Uno-Charta
oder Art. 29 Nr. 3 AEMR zu verletzen, lückenlos ausgeschlossen und
zugleich das Risiko der Nichtigkeit des EUV gem. 53 Wiener
Vertragsrechtskonvention wegen Unvereinbarkeit mit den zum „ius
cogens“ gehörenden Uno-Charta und AEMR ausgeschlossen wird?“
Die
Verfassungsbeschwerde beantragt auch die Feststellung der Nichtigkeit
des EUV gem. Art. 53 WVRK wegen Unvereinbarkeit des EUV mit der zum
zwingenden Völkerrecht („ius cogens“) gehörenden Uno-Charta
angesichts der mit der Uno-Charta unvereinbaren Anwendung der GASP
beim Bündnisfall-Beschluss vom 16./17.11.2015. Eine
Nichtigkeitsfeststellung kann für einen internationalen Vertrag aber
immer nur das letzte Mittel sein, wenn eine mit dem „ius cogens“
vereinbare Auslegung nicht möglich ist.
Die
Verfassungsbeschwerde beantragt wegen der undemokratischen Vorformung
der deutschen Haltung gegenüber Syrien durch den Think Tank SWP und
daneben auch durch die Bilderberg-Konferenz, Think Tanks von
internationalen Konferenzen zur Außen- und Sicherheitspolitik mit
deutscher Beteiligung auszuschließen, und zur außen- und
sicherheitspolitischen Beratung für deutsche Institutionen nur noch
solche Think Tanks zuzulassen, deren Empfehlungen weder Grundgesetz
noch Uno-Charta verletzen, mit besonderem Augenmerk auf die Verbote
eines Angriffskriegs und von dessen Vorbereitung (Art. 26 GG, Art. 2
Abs. 4 Uno-Charta) sowie auf das unantastbare Friedensgebot (Art. 1
Abs. 2 GG), und die nicht gleichzeitig auch noch andere Staaaten
beraten.
Angesichts
Hunderttausender seit 2015 unregistriert nach Deutschland
eingewanderter Personen, darunter mindestens einer vierstelligen
Zahl von Dschihadisten, angesichts des für 2016 von einem
Isis-Aussteiger prognostizierten und inzwischen bereits begonnenen
dschihadistischen „Blitzkriegs“ in Deutschland und Europa,und
weil Deutschland durch die direkte militärische Involvierung in
Syrien noch mehr ins Visier von Isis geraten ist, macht die
Verfassungsbeschwerde geltend, alle seit 2015 nach Deutschland
eingewanderten Menschen biometrisch zu registrieren und deren Daten
abzugleichen mit der in Großbritannien vorliegenden Liste, mit den
entlang der Flüchtlingsrouten (darunter in Mazedonien) bereits
aufgefallenen gestohlenen und gefälschten Passidentitäten und mit
in Syrien, im angegebenen Herkunftsland und international
strafrechtlich gesuchten Terroristen. Das schützt die deutsche
Bevölkerung ebenso wie die in ihrer Mehrzahl friedlichen Flüchtlinge
incl. der Frauen und Kinder, schafft mehr Klarheit über das Ausmaß
der dschihadistischen Bedrohung in Deutschland und trägt dazu bei,
dass alle Flüchtlinge während ihres Aufenthaltes in Deutschland
humanitär versorgt sind, auch um die Zahl derer, die aus materieller
Not heraus keinen anderen Weg sehen, als sich den Dschihadisten
anzuschließen, soweit wie möglich zu verringern.
Sowohl
wegen der fehlenden Rechtsgrundlagen für den Syrien-Einsatz und der
mit dem Syrien-Konflikt verbundenen Weltkriegsgefahr, als auch wegen
der mangelnden territorialen Verteidigungsfähigkeit bzgl. Soldaten
und Ausrüstung gegenüber einem dschihadistischen Angriff in
Deutschland beantragt die Klage im Wege der einstweiligen Anordnung
die sofortige Rückholung der bereits nach Syrien entsandten
deutschen Truppen und die einstweilige Untersagung der Entsendung
weiterer deutscher Truppen nach Syrien.
Außerdem
beantragt die Verfassungsbeschwerde, die flächendeckende
territoriale Verteidigungsfähigkeit Deutschlands (Art. 87a Abs. 1
GG) wiederherzustellen bezogen auf eine realistische
Bedrohungsanalyse.
Die
Klage stützt sich auf die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) i. V. m.
dem Friedensgebot (Art. 1 Abs. 2 GG), auf das grundrechtsgleiche
Wahlrecht (Art. 38 GG), auf die Grundrechte auf Leben, auf
körperliche Unversehrtheit und auf Freiheit (Art. 2 GG), auf den
Funktionsvorbehalt (Art. 33 Abs. 4 GG) sowie auf die universellen
Menschenrechte auf Sicherheit (Art. 9 Uno-Zivilpakt), auf Gesundheit
(Art. 12 Uno-Sozialpakt) und auf Verbot der Kriegspropaganda (Art. 20
Abs. 1 Uno-Zivilpakt).
Die
Verfassungsbeschwerde wendet sich auch gegen §93d Abs. 1 S. 3
BVerfGG, wonach das Bundesverfassungsgericht Nichtannahmen von
Verfassungsbeschwerden auch ohne Begründung machen kann. Diese
Vorschrift ermöglicht es, zu verschleiern, ob das Gericht
ordnungsgemäß die Zulässigskeitskriterien (§93a BVerfGG)
anwendet. Daher ist §93d Abs. 1 S. 3 BVerfGG unvereinbar mit der
Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3
GG), der Rechtsweggarantie (Art. 19 Abs. 4 GG), dem
grundrechtsgleichen Wahlrecht (Art. 38 GG) der Gleichheit vor Gericht
(Art. 14 Uno-Zivilpakt) und de Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 26
Uno-Zivilpakt).
Die
Beschwerdeführer und die von ihnen beantragte Vertreterin (§22 Abs.
1 S. 4 BVerfGG) stehen für ein Interview jederzeit zur Verfügung.
Bild:
Volker Reusing und Wolfgang Effenberger nach Einreichung der Klage,
im Hintergrund
das
Gebäude des Bundesverfassungsgerichts
(V.i.S.d.P.:
Volker Reusing, Thorner Str. 7, 42283 Wuppertal)
...weil in Zusammenhang mit dem Chemiewaffenzwischenfall in Ghouta vom 21.08.2016 die USA über die russische Drohung, im Falle von US-Luftschlägen gegen Syrien als Vergeltung Saudi-Arabien anzugreifen,...
AntwortenLöschenMüsste das nicht der 21.08.2013 gewesen sein, bitte prüfen!
Auszüge und Meinungen dazu findet man auch auf meiner Seite.
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