Sendereihe: "Macht und Menschenrechte" ( Unser Politikblog TV) November - dann in anderem Format

Freitag, 27. Dezember 2019

Am 20.12.2019 beschlossene Neufassung des Waffengesetzes greift unverhältnismäßig in den Airsoft-Bereich ein – es hätte genügt, Kinder vom Airsoft auszuschließen


Unser Politikblog | 27.12.2019

(ein Kommentar von Sarah Luzia Hassel-Reusing)

Die erst beim Bundestag und dann am 20.12.2019 auch beim Bundesrat beschlossene Fassung (Drucksache 651/19) des 3.Waffenrechtsänderungsgesetzes hat sich zusätzlich zum ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung zum Ziel gesetzt, neben der aktuellen EU-Feuerwaffenrichtlinie auch die aktuelle EU-Spielzeugrichtlinie (Az. 2009/48/EG) in deutsches Recht umzusetzen.

Letztere bestimmt u. a., zum Schutz von Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr, dass Nachbildungen echter Schusswaffen keine Spielzeuge sind (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Nr. 2 lit e Anhang I der Richtlinie). Laut Abschnitt 2 Nr. 8 von Anhang II der Richtlinie müssen Spielzeuggeschosse so beschaffen sein, dass keine Verletzungsgefahr besteht. Dementsprechend bestimmt (laut Angaben des Händlers GsP Airsoft) die Norm EN 71-1:2014+A1:2018, dass Geschossspielzeug nur eine Mündungsenergie von max. 0,08 Joule haben darf.

Bisher waren Schusswaffen mit max. 0,5 Joule (bis auf das Verbot des offenen Führens gem. §42a WaffG), die zum Spiel bestimmt sind, vom Waffengesetz ausgenommen (Anlage 2 Abschnitt 3 Unterabschnitt 2 WaffG).
Darauf aufbauend gibt es eine große Zahl von jugendlichen und erwachsenen Airsoft-Spielern in Deutschland. Das Airsoft Verzeichnis schätzt, dass ca. 20 000 angemeldete Spieler im SVZA in Deutschland dieser Freizeitbeschäftigung nachgehen. Dazu kommen die nicht angemeldeten. Airsoft ist bisher auf dem Weg gewesen, sich (wie in den Niederlanden) zu einem Sport zu entwickeln.

Beim Airsoft wird nicht nur auf Zielscheiben, sondern (mit Schutzbrille und leichter Schutzkleidung) mit bisher max. 0,5 Joule auch aufeinander geschossen.

Zum Vergleich: Scharfe Waffen beginnen mit einer Mündungsenergie über 7,5 Joule (Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1.1 WaffG).

Die in dem nun am 20.12.2019 beschlossenen 3. WaffRÄndG enthaltene Änderung von Anlage 2 Abschnitt 3 Unterabschnitt 2 WaffG, senkt nun durch Bezugnahme auf Anhang II Abschnitt I Nr.. 8 der EU-Spielzeugrichtlinie (Az. 2009/48/EG) die Grenze von 0,5 Joule auf 0,08 Joule absenken.
Wäre diese Absenkung auf Kinder bis zum 14. Lebensjahr beschränkt worden, würde es für Jugendliche ab 14 sowie für Erwachsene bleiben wie bisher und damit genau der Richtlinie gerecht werden.

Mit einer für Kinderspielzeug angemessenen Mündungsenergie von max. 0,08 Joule lässt sich Airsoft nicht mehr sinnvoll betreiben.

Außerdem werden Jugendliche, also Menschen in Deutschland zwischen zwischen 14 und 18, nun durch die Gesetzesänderung von Waffen zwischen 0,08 und und 0,5 Joule ausgeschlossen, weil diese nun in die gleiche (erst ab 18 Jahren zulässige) Kategorie fallen wie solche zwischen 0,5 und 7,5 Joule.

Bis 0,5 Joule sind bisher vollautomatische Waffen legal gewesen, und so haben viele Airsoft Spieler auch entsprechend bisher zulässig gewesene vollautomatische Waffen mit nicht mehr als 0,5 Joule. Durch die Gesetzesänderung werden sie nun alle Vollautomaten zwischen 0,08 und 0,5 Joule innerhalb von 19 Monaten abgeben müssen (§58 Abs. 14 WaffG). Unklar scheint mir, ob es zulässig wäre, sie innerhalb dieser Frist in Halbautomaten umbauen und entsprechend kennzeichnen zu lassen.

Für die Frage, ob die Eingriffe des Gesetzgebers in die Grund- und Menschenrechte der Airsoft Spieler verhältnismäßig sind, kommt es darauf an, ob für die Erreichung der vom Gesetzgeber mit der Gesetzesänderung verfolgten legitimen Ziele diese Eingriffe geeignet, erforderlich und angemessen sind.

Die aus dem Gesetzentwurf erkennbaren legitimen Ziele des Gesetzgebers sind es, sicherzustellen, dass Terroristen nicht an scharfe Waffen komme, sowie die EU-Feuerwaffenrichtlinie und die EU-Spielzeugrichtlinie in nationales Recht umzusetzen.

Hiervon machte allein die EU-Spielzeugrichtlinie die Herabsetzung der Grenze von 0,5 Joule auf 0,08 Joule erforderlich für Kinder, nicht aber für Jugendliche und Erwachsene.

Diese Übererfüllung EU-Spielzeugrichtlinie ist für deren Umsetzung zwar geeignet, aber nicht erforderlich. Und mangels Erforderlichkeit sind die entsprechenden Eingriffe in die Grund- und Menschenrechte der jugendlichen und erwachsenen Airsoft-Spieler daher auch nicht verhältnismäßig.

Ich sehe vor allem den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) verletzt. Anders als für Kinder besteht für Jugendliche und Erwachsene kein Grund für die Verschärfung angesichts der von den Airsoft Spielern benutzten Schutzbrillen und Schutzkleidung und angesichts der ihnen mit Erreichen des 14. Lebensjahres im Vergleich zu Kindern auch sonst rechtlich abverlangten größeren Mündigkeit.

Airsoft steht außerdem wie andere Freizeitbetätigungen auch unter dem Schutz des Grundrechts auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).

Auch der Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 GG) erscheint unverhältnismäßig, weil die Airsoft Spieler bei Lektüre weder der EU-Feuerwaffenrichtlinie noch der EU-Spielzeugrichtlinie damit rechnen mussten, dass es auf einfachgesetzlicher Ebene zu einer Verschärfung für Menschen ab 14 Jahren bzgl. Waffen zwischen 0,08 und 0,5 Joule Mündungsenergie kommen würde. Auch im Entwurf der Bundesregierung zum 3. WaffRÄndG waren sie noch nicht betroffen.

Sobald Airsoft, wie in den Niederlanden, auch in Deutschland als Sportart anerkannt würde, würde es wie alle anderen Sportarten auch außerdem unter das Menschenrecht auf kulturelle Teilhabe (Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 lit. a Uno-Sozialpakt) fallen, welches außer der Kultur u. a. auch Sport und Traditionspflege umfasst (Nr. 13+70 Allgem. Kommentar Nr. 21 zum Uno-Sozialpakt).
Innerhalb der nächsten 19 Monate dürfte sich die Zukunft von Airsoft in Deutschland entscheiden.




Donnerstag, 12. Dezember 2019

Was wirklich hilft – Bewaffnung von Terroristen stoppen und verfolgen statt Ablenkungsmanöver gegen Sportschützen


(mit der Bitte um Veröffentlichung)

Unser Politikblog | 12.12.2019


Will Deutschland, und wollen die Staaten in Europa wirklich die Bewaffnung von Terroristen stoppen und verfolgen?

Dann sollten sie aufhören, sich im Namen der Terrorprävention an Ablenkungsmanövern zu Lasten von Sportschützen abzuarbeiten, sondern endlich den schlüssigen Hinweisen ernsthaft nachgehen, woher die Terroristen wirklich ihre Waffen bekommen !

Der aus Frankreich stammende und heute in Syrien lebende Journalist und Buchautor Thierry Meyssan, der auf Voltairenet zahlreiche Hintergründe des Syrien-Konflikts beleuchtet, legt im Abschnitt „Timber Sycamore“ seines Buchs „Before Our Very Eyes, Fake Wars and Big Lies, From 9/11 to Donald Trump“ schlüssig dar, woher die Dschihadisten in Syrien erhebliche Teile ihrer Waffen bekommen haben.

Demnach habe David Petraeus in 2012 während seiner Amtszeit als CIA Direktor mehrere Versorgungskanäle für deren Bewaffnung geschaffen, welche unter dem Namen „Operation Timber Sycamore“ zusammengefasst werden. Darunter seien Lieferungen im Wert von 500 Millionen $ von Bulgarien über Saudi-Arabien an die Muslimische Weltliga, Lieferungen von 230 Tonnen Waffen von Kroatien an die Dschihadisten mit Hilfe von Türkei, Jordanien und Qatar, und Lieferungen an Isis von Ukraine und Japan, welche zusammen zwei Sonderzüge gefüllt hätten.
Nach dem erzwungenen Rücktritt von Herrn Petraeus seien die Waffenlieferungen unter der Aufsicht des Pentagon weiter gelaufen, und zwar über die US-Basis in Livorno (Italien) sowie über Bulgarien und Rumänien.
Nach Einschätzung von Herrn Meyssan ist zumindest der Start der „Operation Timber Sycamore“ auch mit Seiner Exzellenz, dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama abgestimmt gewesen, während Herr Petraeus den Präsidenten später als zu russlandfreundlich eingeschätzt habe.

Nach seiner Zeit bei der CIA habe Herr Petraeus mit finazieller Hilfe der privaten Finanzfirma KKR Investmentfonds und der türkischen Kuveyt Türk Katilim Bankasi (KTKB) die größten Waffentransporte in der Geschichte organisiert. Dabei seien mindestens 16 Staaten involviert worden, und zwar Afghanistan, Deutschland, Saudi-Arabien, Aserbeidshan, Bulgarien, Vereinigte Arabische Emirate, Ungarn, Israel, Pakistan, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakei, Tschechien, Türkei und Großbritannien. In geringerem Umfang seien auch Südafrika und Kongo in die Waffenlieferungen eingebunden worden.

28.000 Tonnen Waffen seien unter dem Deckmantel diplomatischer Immunität allein mit der öffentlichen aserbeidshanischen Fluggesellschaft Silk Airlines transportiert worden.


Die Lieferungen von Waffen über Silk Airlines bestätigt auch der Artikel „350 diplomatic flights carry weapons for terrorists“ vom 02.07.2019 der bulgarischen Zeitung Trud.


Eine weitere Fährte ist, wie die Waffen an die Dschihadisten verteilt werden bzw. wurden. Dazu berichtet der junge Welt - Artikel „Westliche Staaten unterstützen Islamisten bei Angriff auf
syrische Stadt. Bundesregierung hilft vermutlich mit Aufklärungsdaten“ vom 07.10.2016, dass der ehemalige US-Botschafter in Syrien in einem Ende Juli 2016 von BIRN (ein Recherchenetzwerk von Journalisten auf dem Balkan) veröffentlichten Artikel bestätigt habe, dass die Verteilung der von den USA und europäischen Staaten zur Verfügung gestellten und von den Golfstaaten bezahlten Waffen in zwei „Militärischen Kontroll- und Operationszentren“ (MOCs) verteilt werden, von denen sich eines in Iskenderun (Türkei) und eines in Jordanien befinde. Laut der jungen Welt operierten in den MOCs „Geheimdienstoffiziere und Militärs aus den USA, der Türkei, Jordanien, Saudi-Arabien und anderen NATO-Staaten und 'kontrollieren' die Offensive auf Aleppo – anstatt die Islamisten zu stoppen.“ Die Junge Welt äußerte damals die Vermutung, dass auch Waffen für Dschaisch al Fatah (einem damaligen Bündnis von 20 dschihadistischen Gruppen unter Führung der Al Nusra Front, des syrischen Al Qaida – Ablegers) bestimmt seien.


Zu dem MOC in Jordanien schreibt Wikipedia in dem Artikel über die angebliche Rebellen-Gruppe „Südfront“, dass dieses MOC sich in der Hauptstadt Amman befinde und von USA, Frankreich, Jordanien und Saudi-Arabien betrieben werde.
Angeblich“ schreibe ich deshalb, weil in den Medienberichten über konkrete Schlachten im Syrien-Konflikt eine solche „Südfront“ kaum auftaucht. Es scheinen unter diesem Begriff eher verschiedene von Jordanien nach Syrien eindringende Dschihadisten-Gruppen bewaffnet worden zu sein.


Zumindest für Syrien haben die Dschihadisten also reichlich Versorgung erhalten mit Kriegswaffen und weiteren vollautomatischen Waffen. Solange solche Hinweise wie die o. g. von Politik, Geheimdiensten und Strafverfolgungsbehörden nicht ernsthaft geprüft werden, ist anzunehmen, dass solche oder etwas modifizierte Versorgungsnetzwerke weiterhin existieren und auch eine Gefahr für die europäischen Staaten sind.

Aus dieser Perspektive wirken die Bekenntnisse unserer Politiker zur Terrorbekämpfung wie Sonntagsreden.

Solange die Dschihadisten noch genug Bestände und Nachschub an Kriegswaffen und vollautomatischen Waffen haben, werden sie kaum ein Interesse entwickeln an Sportwaffen, bei denen man für jeden Schuss einzeln abdrücken muss (Halbautomaten) oder sogar dazwischen noch repetieren muss (Repetierwaffen), und noch weniger Interesse an Vorderladerrepetierern, deren Ladevorgang 5 Minuten dauern kann.

Die geplante Überregulierung der Sportschützen ist eher dazu angetan, die Politiker und die Öffentlichkeit von den wirklichen Kanälen der Terrorbewaffnung abzulenken und so den Terroristen zu nutzen.

Dabei greift das 3. Waffenrechtsänderungsgesetz zu Lasten der Sportschützen unverhältnismäßig tief bis in die Wesensgehalte ihrer Rechte auf kulturelle Teilhabe (Art. 27 Nr. 1 AEMR, Art. 15 Abs. 1 lit. a Uno-Sozialpakt) und auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) ein. Diese beiden Rechte beinhalten auch das Recht, einen selbst gewählten Sport zu betreiben und Traditionen zu pflegen.

Die Gesetzgebung ist verpflichtet, bei jedem Gesetz das Handbuch der Rechtsförmigkeit zu beachten. Und auf dessen S. 17 stehen unter den Prüfungsmaßstäben für jedes Gesetz u. a. das Grundgesetz und die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR).
Es besteht erheblicher Anlass zum Zweifel, ob beim Entwurf des 3. Waffenrechtsänderungsgesetzes das Handbuch der Rechtsförmigkeit überhaupt beachtet worden ist.

Am 13.12.2019 soll über das 3. Waffenrechtsänderungsgesetz beschlossen werden. Wann werden sich die Poltiker endlich ernsthaft darum kümmern, die Bewaffnung der Terroristen zu unterbinden und rechtlich aufzuarbeiten, anstatt in ihrer überwältigenden Mehrheit verfassungstreue Sportler wie potentielle Kriminelle dastehen zu lassen und sie unnötig der Gefahr auszusetzen, ihre waffenrechtliche Zuverlässigkeit zu verlieren?


V.i.S.d.P: Sarah Luzia Hassel-Reusing, Thorner Str. 7, 42283 Wuppertal


Quellen:

Before Our Very Eyes, Fake Wars and Big Lies, From 9/11 to Donald Trump“
(ist als E-Book auf entsprechenden Online-Plattformen zu finden)

Trud-Artikel „350 diplomatic flights carry weapons for terrorists“

Junge Welt-Artikel „Westliche Staaten unterstützen Islamisten bei Angriff auf
syrische Stadt. Bundesregierung hilft vermutlich mit Aufklärungsdaten“ vom 07.10.2016

Wikipedia-Artikel „Southern Front (Syrian rebel group)“ (Stand 01.10.2016)