Verschärfung
der Polizeigesetze in Deutschland – Interview mit mit Ulrich Brehme
(ÖDP)
14.05.2018
| Unser Politikblog
In
einigen Bundesländern gibt es derzeit Entwürfe für eine drastische
Verschärfung der dortigen Polizeigesetze. Morgen, am 15.05.2018,
stimmt voraussichtlich der bayerische Landtag über die Änderung des
dortigen Polizeiaufgabengesetzes ab.
Am
10.05.2018 sprach Volker Reusing für die Sendung „Macht und
Menschenrechte“ mit Ulrich Brehme, Mitglied im Arbeitskreis
Demokratie, Außenpolitik, Europa der Ökologisch-Demokratischen
Partei (ÖDP). Eine von diesem initiierte Resolution gegen die
Verschärfung der Polizeigesetze ist auf dem ÖDP-Parteitag am
06.05.2018 in Aschaffenburg beschlossen worden.
Die
ÖDP gehört zusammen mit anderen Parteien oder Gliederungen von
diesen (darunter alphabetisch DKP Familienpartei, FDP, Grüne,
Linkspartei,SPD) und zahlreichen Verbänden zu dem Bündnis „NOPAG“,
welches am 10.05.2018 eine Demonstration mit mehr als 30.000
Teilnehmern durchgeführt hat.
Bei
den Änderungen der Polizeigesetze geht es um die Stärkung der
präventiven Befugnisse der Polizei zur Verhinderung von Straftaten,
nicht nur von Terrorismus. Dabei sollen die Eingriffsschwellen
erheblich gesenkt und die Kontrolle der Polizeiarbeit gelockert
werden.
Dazu
gehört laut Ulrich Brehme neben der Ortung von Handys und der
Funkzellenabfrage auch das Abhören von Telefongesprächen, die
Überwachung und die Onlinedurchsuchung mit Trojanern durch die
Polizei. Die Polizei solle in Zukunft auch auf Massendaten zugreifen
können, eigene Massendatenerfassungen vornehmen dürfen und mit den
Geheimdiensten einen umfangreichen Datenaustausch pflegen. Mit diesem
Gesetz werde das Prinzip einer unhintergehbaren Trennung von Polizei
und Geheimdiensten aufgegeben.
Die
Verschärfungen greifen ein in die Grundrechte auf Menschenwürde
(Art. 1 GG), auf Telekommunikationsfreiheit (Art. 10 GG), auf
Freizügigkeit (Art. 12 GG), auf Hausfrieden (Art. 13 GG) und auf
unverzügliche richterliche Kontrolle jeder Freiheitsentziehung (Art.
104 Abs. 2 GG), in das abgeleitete Grundrecht auf informationelle
Selbstbestimmung (Art. 1 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG) sowie in die
Menschenrechte auf Freiheit und auf Sicherheit (Art. 9 Uno-Zivilpakt,
Art. 6 EU-Grundrechtecharta).
Die massivsten Verschärfungen sind bei der präventiven Freiheitsentziehung vorgesehen. Laut dem taz-Artikel „Verdächtig sind erst einmal alle, die danach aussehen“ vom 27.04.2018 soll diese in NRW von max. 48 Stunden auf bis zu einem Monat und laut dem NOZ-Artikel „FDP: Polizeigesetz Generalangriff auf Grundwerte“ vom 20.04.2018 auf bis zu 74 Tage ausgeweitet werden.
In Bayern sollen es nun bis zu 3 Monate ohne richterliches Urteil sein, danach mit richterlicher Genehmigung noch einmal bis zu 3 Monate.
Laut Ulrich Brehme stammt der Begriff „Gefährder“ (für Menschen, von denen die Polizei vermutet, dass sie eine Straftat begehen wollen) aus dem „Feindstrafrecht“, nach welchem für erklärte Feinde (Gefährder) ein anderes Recht gelte, als für alle anderen Bürger.
Das PAG übergehe die Kompetenzordnung der öffentlichen Gewalt. Deutschland sei auf dem Weg in den Überwachungsstaat. Die Überwachung führe zu einem Vermeidungsverhalten der Bürger. Die Unschuldsvermutung und das Vertrauen in die Polizei werden unterminiert.
In rechtsstaatliche Grundsätze wird in deutlich größerem Maße eingegriffen, als es durch tatsächliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt ist.
Links:
Kampagne
gegen die Verschärfung des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes
Überblick
über den bayerischen Gesetzentwurf, die Änderungsanträge und die
Stellungnahmen von Experten dazu
bisheriges
bayerisches Polizeiaufgabengesetz
Süddeutsche
Artikel „CSU – die Rückkehr zur alten Arroganz ausgerechnet im
Wahljahr“ vom 11.05.2018
NOZ-Artikel
„FDP: Polizeigesetz Generalangriff auf Grundwerte“ vom 20.04.2018
http://www.taz.de/!5499063/
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