Wie auf Befehl vollziehen FDP und Aussenminister Guido Westerwelle die Kehrtwende. Obwohl auch Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) dreimal Richtung Wetterhahn krähte, es werde keinen Krieg um Libyen mit deutschen Soldaten geben, bogen sich heute mal wieder die Politbalken wie der Bambus im CIA-Abwind.
Ein Albtraum der Falschheit, mieser ging es nicht.
Heute stimmte Westerwelle, als wäre nie etwas gewesen, der am 1.April in Brüssel beschlossenen EU-Kriegsoperation “Eufor Libya” zu. Dieser Beschluss wurde unter dem Alibi-Geschwätz von notwendigen “Evakuierungen” gefällt (1) – natürlich via Seeweg.Von den Landgrenzen Libyens hat (noch) nie jemand was gehört. Natürlich nicht. Die werden später ausgepackt. Immer Stück für Stück mit der Salami.
Nun sollen also die deutschen Kriegsschiffe, die Oberfehlshaber de Maiziere unter großem Trara wieder unter sein Kommando stellte, eben doch wieder in das vom Bürgerkrieg geschüttelte Libyen entsandt werden – zu “humanitären Zwecken”, natürlich. Aber was heisst das? “Evakuierung” aus Libyen, wie es noch am Freitag hiess? Nein, nein – “Hilfslieferungen” nach Libyen, hiess es heute.
Was das für “Hilfslieferungen” sein sollen, das haben die von CIA, MI6 und allen Spionen mit Flugticket und Auftrag im Nato-Raum angeführten und beratenen Seperatisten schon deutlich gesagt: Waffen, Geld und Bomben.
In Benghazi tagt jetzt, in diesem im Augenblick, der größte Krongress von Waffenschiebern, Abgesandten von Drogenbaronen, Kriegsfürsten, Söldnern und Berufskillern, den die Welt seit vorletztem Monat in Irak, Afghanistan und Somalia je gesehen hat. Mitten drin: der Sonderbeauftragte Washingtons, Chris Stevens. Vorher war er Vize-Botschafter der USA bei Diktator Muammar el Gaddafi. Nun sitzt er seit vorgestern in Benghazi bei den Seperatisten (2). Praktisch ist für Stevens, dass er es mit den gleichen Leuten zu tun hat. Der ehemalige ehrenwerte Innenminister Gaddafis, Abdel Fattah Younes (Junis, Junes) ist nun der ehrenwerte “Generalstabschef” der Rebellen in Benghazi.
Stevens weiss, was Rebellen wünschen und brachte auch gleich ein paar Geschenke mit.
“Wer erkennen, dass der TNC (“Transitional National Council”) Finanzmittel brauchen wird um weiter zu machen und wir suchen Wege wie wir helfen können,”so ein anonymer “US-Offizieller” gestern in Washington. Man werde sich genau anschauen, welches politische System die Seperatisten in Ost-Libyen planten und sich dann darum kümmern, dass diese “ihre Rechnungen bezahlen” könnten.
Was gibt´s denn da noch zu kümmern? Bereits am 19.März – bezeichnenderweise am Tag des Angriffs der internationalen Kriegsallianz auf Libyen, zum “Schutze der Zivilisten” – verkündete der sogenannte “Nationale Übergangs-Rat” plötzlich, man habe schon eine eigene Zentralbank und Ölfirma gegründet (3). Knapp eine Woche später konstantierte dann das US-Finanzministerium, dass alle Sanktionen für Libyen nicht für Ost-Libyen gelten. Das sei ja gar nicht mehr Libyen. Die Seperatisten könnten also ruhig Öl verkaufen, dass sie rechtmäßig erobert hätten. Einzige Bedingung sei, dass die National Oil Corporation des Regimes in Tripolis aussen vor bleibe (4), das sich übrigens als eine der wenigen Machthaber weltweit den Luxus erlaubt, die eigene Währung selbst zu kontrollieren und die Ölverkäufe in der eigenen Währung abzurechnen und nicht in Dollar.
Also was kümmert Washington irgendein politisches System oder irgendein Staat in Afrika, Europa oder Asien, wenn man die Zentralbank und das Öl unter seiner Fuchtel hat?
Milizenchef Younes in Benghazi, vom Innenminister eines Familienclans aufgestiegen zum Milizenchef einer Mad Max-Truppe mit Zentralbank und temporär eroberten Ölfeldern, fand dementsprechend am Tage des Besuchs von Stephens in Benghazi, dass man seinen bewaffneten Freunden der ost-libyschen Demokratie nicht genug Geschenke mitgebracht habe. Nun ja – Waffenlieferungen an die Rebellen durch “freundlich gesonnene Staaten” habe es schon gegeben, so Warlord Younes in einem Interview mit dem TV-Sender “Al-Aan” aus Dubai.
“Das ist aber nicht genug”,so der Kriegsfürst gestern in Benghazi (5). Wie passend, dass in der Hauptstadt der Seperatisten neben US-Sonderbeauftragtem Stephens zur gleichen Zeit auch der EU-Sonderbeauftragte Agostino Miozzo weilte (8). Miozzo ist vom EU-Geheimdienst SitCen (Joint Situation Centre, JSC), der dem EU-Außenamt unter Catherine Ashton untersteht.
Und was für ein Zufall, was für ein Zufall, nein, was für ein Zufall, dass man in Brüssel ausgerechnet am Tage vor dem Brüsselers Regierungsratsbeschluss zur Schaffung von “Eufor Libya” ebenfalls beschloss, den EU-Geheimdienst SitCen endlich so richtig auszubauen. Schließlich hätten ja alle staatlichen Geheimdienste in Europa in der Libyen-Frage versagt. Es waren sich wieder mal alle einig: “sozialdemokratische” EU-Abgeordnete, “christdemokratische” EU-Abegordnete, Peter Gridling vom Bundesamt für Verfassungsschutz, usw, usw. (9)
Waren es nun die Seperatisten, war es die CIA, war es irgendeine Dollar- oder Euro-Druckerei, war es am Ende der Nicolas, der Sarkozy, war es ein Brüsseler Bürokrat oder gleich irgendwelche allgemeinen Weltvorsitzenden zu Washington, die nun bei de Maziere und Westerwelle die Telefone klingeln ließen? Die kuschten heute jedenfalls so schnell, dass plötzlich sogar die “Opposition” Mühe hatte beim neuen Schwenk hinterher zu kommen.
Bereits gestern outete sich Bärbel Höhn im Namen von Bündnis 90/Die Grünen in der Talkshow “Hart aber fair”. Man hätte sich im UNO Sicherheitsrat nicht enthalten dürfen, so Höhn Richtung FDP-Generalsekretär Christian Lindner, der seine ihm zugedachte Rolle als devotes Opfer wirklich glänzend spielte. Höhns Argumentation war ein Klassiker kriegsgrüner Logik: man hätte doch dem Krieg im Sicherheitsrat zustimmen können, um sich ihm nachher zu enthalten.
Höhn wird diesen Auftritt nicht vergessen. Weil ich ihn nicht vergesse. Mein Wort drauf.
Heute rückte dann der Militärsprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag vor. “Wenn die Bundeswehr hier eine Rolle bei der Logistik spielen kann, dann nur zu!”, so Omid Nouripour (6). Bei was, wie, warum, mit welchem Ziel, welcher Strategie und vor allem für wen, das hatte schon der Sprecher des US-Repräsentantenhauses nach Kriegsausbruch seinen Präsidenten gefragt. Bis heute wartet er auf Antwort. Das ist insofern konsequent, weil der ja auch vorher weder mit ihm, noch mit dem Kongress geredet hatte. (Imperator Obama hat da ein Problem, 27.März 2011)
Man sieht, was dabei heraus kommt, wenn man sich das Parlament mit den zweitgräßlichsten Versagern der Erde als Maßstab aussucht. Da kann es passieren, dass man selbst an dieser Hürde scheitert. Seit dem 26.Februar waren deutsche Militäreinheiten am Boden in Libyen im Einsatz. Der Bundestag erfuhr davon nichts. Begründung der Bundesregierung: § 5 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes (ParlBG), “Gefahr im Verzug”. (7)
Die entsprechende Kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dagdelen, Christine Buchholz, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Harald Koch, Niema Movassat, Wolfgang Neskovic, Katrin Werner (alle Linksfraktion) vom 16.März wurde bis heute nicht beantwortet. Beschwert darüber hat sich niemand. Und man möchte wetten, dass die allermeisten Bundesbürger nichts von diesen Fakten wissen.
Nun werden also demnächst die Staatsparteien geschlossen anrücken und durch den Bundestag eine Kriegsmission beschließen, die anders genannt werden wird. Die Partei-Linke wird dazu gepflegt den Daumen lutschen, ein bisschen rumjammern, dass sie ja nichts machen kann und mit ihren Handys spielen. Die Piratenpartei hat sich noch nie zu irgendeinem weltpolitischen Thema geäußert und wenn, dann nicht rechtzeitig und so leise, dass man einen Verstärker brauchte um es zu hören.
Ich wiederhole mich ungern. Aber offensichtlich muss das sein.
“All die bellizistischen Kräfte, die für einen neuen internationalen Krieg an der Berliner Republik herum rissen, werden sich nun erklären müssen. Sie müssen auch erklären, wieso der Milizen-Chef Abdel-Hakim al-Hasidi auf Seiten der CIA-gestützten Gegenregierung in Benghazi in einem Interview selbst erklärt, in seinen Reihen seien Libyer, die zuvor im Irak als “gute Patrioten und Muslime ” gegen die Besatzungstruppen der USA gekämpft hätten – genauso wie die Kämpfer der “Al Kaida”.Sie müssen das erklären. Nicht wir. Jeder, der als gewählter Abgeordneter Verantwortung für diese Republik trägt, oder allen Ernstes im Bundestag für die Verwicklung deutscher Soldaten in den libyschen Bürgerkrieg stimmen will, muss das erklären. Und wenn er das nicht kann, soll er verdammt nochmal solange (An)Fragen stellen, bis er es kann. Wem liefert man nun Waffen, oh Verzeihung, “Hilfsgüter” – der CIA oder der “Al Kaida”?
Der Militärkommandeur der von der internationalen Kriegskoalition und der CIA gestützten Rebellen in Libyen in seinem Interviel mit der italienischen Il Sole 24 wörtlich: `Mitglieder der Al Kaida sind ebenfalls gute Muslime und kämpfen gegen die Invasoren`”.
Beides zugleich geht natürlich auch. Das sagen wir ja die ganze Zeit.
(…)
Quellen:
(1) http://www.monstersandcritics.com/news/africa/news/article_1630191.php/EU-approves-Libya-humanitarian-military-mission
(2) http://af.reuters.com/article/topNews/idAFJOE73503T20110406
(3) http://ntclibya.org/english/meeting-on-19-march-2011/
(4) http://www.reuters.com/article/2011/03/28/us-libya-oil-treasury-idUSTRE72R3UU20110328
(5) http://www.tt.com/csp/cms/sites/tt/Nachrichten/NachrichtenTicker/2530918-53/libyen—rebellen-general-bestätigt-waffenlieferungen.csp
(6) http://www.stern.de/news2/aktuell/gruene-und-spd-fuer-libyen-hilfseinsatz-der-bundeswehr-1672329.html
(7) http://dokumente.linksfraktion.de/drucksachen/21445_1705002.pdf
(8) http://www.euractiv.com/en/global-europe/eu-sends-envoys-libyas-rebel-capital-news-503800
(9) http://kurier.at/nachrichten/2086652.php
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