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Köln, 17. April 2012. Anlässlich des heutigen „Tag der Landlosen“ appelliert FIAN an den gestern neu ernannten Präsidenten der Weltbank, Jim Yong Kim, dass die Weltbank sich aus der Unterstützung von Investitionen in Land zurückzieht. Die Konferenz zum Thema „Armut und Land“ vom 23. bis 26. April anlässlich der jährlichen Weltbank-Tagung in Washington sieht FIAN als ein Versuch, verlorene Deutungshoheit beim Thema Land wieder zu erlangen und die Interessen ausländischer Investoren zu stärken.
Der heutige Tag der Landlosen erinnert an den Mord an 19 Aktivisten der Landlosenbewegung Brasiliens 1996. Schnee von gestern? Mitnichten: Weltweit werden die Kämpfe um Land brutaler. Gewaltsame Vertreibungen der lokalen Bevölkerung sind an der Tagesordnung. Aktuelle Schätzung sprechen von über 200 Millionen Hektar Ackerland, das vor allem durch privatwirtschaftliche Akteure angeeignet wurde. Dadurch wird das Menschenrecht auf Nahrung tausendfach verletzt. Im Mai wird der Welternährungsausschuss der Vereinten Nationen Leitlinien verabschieden, die den Umgang mit der Ressource Land auf Basis der Menschenrechte besser regeln sollen.
Vor diesem Hintergrund veranstaltet die Weltbank eine Konferenz zum Thema „Armut und Land“. Die Sponsorenliste gleicht dabei einem „Treck gen Westen“: Landvermesser, „philanthropische“ Investment-Firmen und die Creme de la Creme der Entwicklungshilfe, die Land in Afrika und anderswo privatisieren wollen, um Investoren den Zugriff zu erleichtern. Nicht mitreden werden die, um die es geht: Kleinbauern, LandarbeiterInnen und indigene Gemeinschaften.
Diese Ausrichtung spiegelt sich auch in der Tagesordnung wider: Anstatt die höchst problematische Rolle der Privatwirtschaft inklusive Banken zu thematisieren, werden neue Modelle von Landtransfers diskutiert und Wege gesucht, noch mehr Geld der Privatwirtschaft zu mobilisieren. Die Weltbank hat ihre Privatwirtschaftsförderung (International Finance Cooperation, IFC) in den letzten fünf Jahren um 50 Prozent hochgefahren, von acht auf 12 Milliarden US-Dollar jährlich. Dabei wissen wir, dass die Privatwirtschaft der Antreiber des globalen Landraubs ist.
„Es ist völlig unglaubwürdig, dass die Weltbank sich als Verteidigerin der Armen ausgibt“, sagt dazu Roman Herre, Agrarreferent von FIAN: „Diese Diskussionen müssen demokratischere Foren wie der Welternährungsausschusses zusammen mit den Betroffenen, also den Kleinbauern, Indigenen und Landlosen, führen. Geschieht dies nicht, verletzt das menschenrechtliche Grundprinzipien.“
Seit den 90er Jahren nimmt die Weltbank mit ihrer „marktgestützten Landreform“ der gerechten Umverteilung von Land beispielsweise in Südafrika und den Philippinen den Wind aus den Segeln. Sie verhindert so, dass arme ländliche Gruppen Zugang zu Land bekommen. „Wer Land nutzen darf und wer davon profitieren soll, darf nicht von einer Bank entschieden werden“, so Herre.
Hintergrund: Der Tag der Landlosen
17. April 1996: Etwa 1.500 Menschen blockieren in
Eldorado dos Carajas im Norden Brasiliens im Kampf um Landrechte eine
Landstraße. 150 Polizisten umzingeln die Demonstranten und feuern
wahllos in die Menge. 19 Aktivisten der Landlosenbewegung MST (Movimento
dos Trabalhadores Rurais Sem Terra) sterben.
Bis heute wurde kein Verantwortlicher zur
Rechenschaft gezogen. Mitglieder von La Via Campesina in Mexiko, wo am
selben Tag 1996 eine internationale Konferenz abgehalten wurde,
antworteten spontan mit einem Marsch auf die brasilianische Botschaft
und riefen den 17. April zum internationalen Tag des Widerstands gegen
die Unterdrückung der ländlichen Bevölkerung aus – der „Tag der
Landlosen“ am 17. April war geboren.
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