Wie unabhängig ist die EU-Kommission von Bilderberg und Think Tanks ?
Unser
Politikblog | 08.November 2013
Es
war ja eigentlich damit zu rechnen, dass sie es wieder versuchen
würden. Und diesmal auffälliger denn je.
Am
01.09.2013 wurde auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für
Auswärtige Politik (DGAP) das Interview „Europas Antwort: strenger
Datenschutz“ der DGAP-Zeitschrift „Internationale Politik“ mit
EU-Jusitzkommissarin Viviane Reding veröffentlicht. Die DGAP (auch
„German Council on Foreign Relations“ genannt) ist laut
Friederike Becks Werk „Das Guttenberg-Dossier“ (Zeitgeist-Verlag)
ein „Kaktusableger“ des CFR (Council on Foreign Relations) bzw.
gilt laut dem Artikel des Wikipedia-Lexikons zum CFR als
„Außenposten“ des CFR in Deutschland.
Der
CFR dürfte außerdem der mächtigste Think Tank mit Einfluss auf die
US-Außenpolitik sein angesichts seiner gewichtigen
Konzernmitglieder, und weil der amtierende US-Verteidigungsminister
Chuck Hagel ebenso zu ihm gehört wie Susan Rice, die
Sicherheitsberaterin des Präsidenten.
Die
Instrumentalisierung von Herrn Snowden und der NSA
Im
Vorwort des „Internationale Politik“-Interviews wird von deren
Zeitschrift begrüßt, dass nach dem NSA-Skandal die EU an einem
„strengeren Datenschutzabkommen“ arbeite. Laut der ersten
Interviewfrage geht es um ein „schärferes, eu-weites
Datenschutzgesetz“.
Edward
Snowden ist ein ehemaliger Computerexperte des US-Geheimdienstes NSA.
Die NSA konzentriert sich auf das Abhören von Telekommunikation und
Internet weltweit. Herr Snowden hat die Weltöffentlichkeit vor
allem über das Ausmaß des NSA-Abhörprogramms „Prism“
informiert, in welchem weit über ernsthafte Verdachtsfälle hinaus
überwacht wurde bzw. wird. Herr Snowden, dem man angesichts seiner
Enthüllungen über die NSA Spionage vorwirft, hat inzwischen
zeitweiliges Asyl in Russland gefunden.
Auf
der Sitzung der Uno-Vollversammlung vom 27.09.2013 haben zahlreiche
Regierungschefs und Außenminister vor allem aus Lateinamerika die
Abhörpraxis der NSA verurteilt. Es wurde sogar laut über eine
Verlegung des Sitzes der Vereinten Nationen, die ebenfalls abgehört
worden seien, weg aus den USA nachgedacht in ein noch zu benennendes
Land, welches die Souveränität aller Uno-Mitgliedsstaaten
respektiere.
Das
Interview mit Frau Reding greift die Stimmung auf Grund des
NSA-Skandals auf, dass viele Menschen ihre Daten nun besser vor der
NSA geschützt haben wollen. Doch will der Entwurf der EU-Kommission
nicht direkt gegenüber den Geheimdiensten schützen, denn auf die
Frage von „Internationale Politik“, ob sichergestellt werden
könne, dass Geheimdienste (EU-)Datenschutzregeln einhalten,
antwortet Frau Reding:
„Man
sollte nicht zwei verschiedene Dinge durcheinander werfen: Regeln,
wie sich Geheimdienste zu verhalten haben, sind das eine, Regeln zur
Gewährleistung des Datenschutzes das andere.Zuerst
ein Wort zu Geheimdiensten: Es sollte niemanden überraschen, dass
Geheimdienste im Geheimen handeln. Doch wenn ein Geheimdienst auf dem
Territorium eines Mitgliedstaates operiert, dann sollten die
jeweiligen Regierungen sicherstellen, dass die nationalen Regeln
eingehalten werden. Das hat nichts mit der EU zu tun.“
Stattdessen
versucht sie, die drakonischen Sanktionen des angeblichen
EU-Datenschutzverordnungsentwurfs damit zu rechtfertigen, dass dies
erforderlich sei, damit Unternehmen, die sowohl nach US-Recht auf
Grundlage des „Patriot Act“ verpflichtet sind, Daten von
„EU-Bürgern“ weiter zu geben, als auch auf EU-Datenschutz,
vorrangig dem EU-Recht gehorchen:
„Das
Problem wird dann akut, wenn diese Unternehmen vor die Wahl gestellt
werden, entweder europäischem oder amerikanischem Recht zu folgen –
dann entscheiden sie sich in der Regel für amerikanisches Recht.
Denn letztlich ist es eine Machtfrage. Deswegen müssen wir
sicherstellen, dass Unternehmen um die Stärke europäischer Gesetze
und die strengen Sanktionen wissen, falls sie diese nicht befolgen.“
Dass
Unternehmen, wenn sie von der EU härtere und existenzbedrohende
Sanktionen bei Datenschutzverletzungen zu fürchten hätten als von
den USA bei Nicht-Weitergabe von Daten, sich dann vermutlich für den
Datenschutz entscheiden würden, wäre tatsächlich einer der
positiven Nebeneffekte eines maßlosen und auf seit zumindest 1945 im
Westen präzedenzlose Zensur zielenden Verordnungsentwurfs.
Frau
Reding sagt im Interview bei „Internationale Politik“:
„Prism war für uns ein Weckruf. Die EU-Datenschutzreform der EU
ist Europas Antwort.“
Das passt
aber nicht zum zeitlichen Ablauf. Der Zensur-Verordnungsentwurf wurde
erstmals am 25.01.2012 ins Europaparlament eingebracht und ist am
16.01.2013 in geänderter Fassung erneut im Plenum des Parlaments
gewesen. Der Prism-Skandal ist aber erst Anfang Juni 2013 richtig
sichtbar geworden. Wie soll er dann rückwirkend der „Weckruf“
gewesen sein?
Steht
„Weckruf“ hier nicht vielleicht eher für eine schnell erkannte
Gelegenheit, einen neuen Anlass zu präsentieren?
Weitaus
gefährlicher als die gesamte NSA-Spionage zusammen ist das, was uns
hier unter dem Vorwand, unsere Daten auch vor der NSA schützen zu
wollen, präsentiert wird. Denn die wenigsten Abhöropfer der NSA
erleiden durch das Abgehörtwerden existentielle Sanktionen. Die NSA
verteilt keine Bußgeldbescheide in siebenstelliger Höhe für die
Äußerung unliebsamer Meinungen. Wer seine Kommunikation vor der
NSA schützen will, sollte sich nach Verschlüsselungstechniken
umschauen.