Sendereihe: "Macht und Menschenrechte" ( Unser Politikblog TV) November - dann in anderem Format

Donnerstag, 21. Mai 2020

Was die Corona-Maßnahmen mit dem ESM zu tun haben


Unser Politikblog | 21.05.2020

„Eine schreckliche Schönheit war geboren.“
Die Errichtung eines korporatistisch-faschistischen Wirtschaftssystems, in welchem Konzerne an der Ausübung hoheitlicher Macht beteiligt werden, und den man heute verharmlosend „Gewährleistungsstaat“ nennt, ist gar nicht so einfach. Deutschland hat in seinem Grundgesetz wegen der schlimmen Erfahrungen mit der IG Farben sogar ein eigenes Grundrecht, den sogenannten Funktionsvorbehalt (Art. 33 Abs. 4 GG), der das größtenteils verbietet.
Um solche Bestimmungen zu umgehen, wurde durch den Lissabon-Vertrag in Art. 2 von Protokoll 26 zu den Verträgen der EU die Pflicht der Mitgliedsstaaten eingeführt zur Vergabe ihrer hoheitlichen Aufgaben (im EU-Deutsch „nicht wirtschaftliche Dienste von allgemeinem Interesse“), also zu einem eben solchen Staatsformwechsel, an privat eingeführt. Für die Daseinsvorsorge („Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“) wurde entsprechendes in Art. 14 AEUV eingebaut.
Das Lissabon-Urteil hat, maßgeblich auf Grund des Gewissens von Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio, die Zustimmung zum Lissabon-Vertrag mit Urteil vom 30.06.2009 nur mit einer langen Liste von Vorgaben erlaubt, darunter die Bekräftigung des staatlichen Gewaltmonopols. Also erst einmal kein Staatsformwechsel.

Der nächste Anlauf zum Ausverkauf der Staaten kam mit dem ESM, dem vierten Mechanismus mit der „Troika“ aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF), welcher anders als seine drei Vorgänger („Griechenland-Hilfe“, EFSM und EFSF) die Verpflichtung der Staaten der Eurozone enthält, sich im Falle ihres Staatsbankrotts (des Eingeständnisses, dass sie nicht mehr alle Schulden pünktlich bedienen können), sich einem Staateninsolvenzverfahren zu unterwerfen. Genauer gesagt, steht in Art. 12 ESM-Vertrag die Verpflichtung, dass die Staaten der Eurozone ihren ab 2013 herausgegebenen Staatsanleihen „kollektive Aktionsklauseln“ beifügen, also Zusatzbedingungen für den Fall des Staatsbankrotts. Und was in diesen „kollektiven Aktionsklauseln“ steht, hat man mit einem der Begleitgesetze zum ESM (Drs. 17/9049) in deutscher Gründlichkeit auch als §§4a bis 4k ins Bundesschuldenwesengesetz eingefügt. Da gibt es eine Insolvenztabelle beim OLG Frankfurt/Main und einen Insolvenzstichtag, und über die Änderung der Zahlungsbedingungen entscheidet dort die Versammlung der privaten Gläubiger. Soviel zum Demokratieverständnis des ESM.

Die Auflagen des ESM und seiner drei Vorgänger sind ausdrücklich so streng vorgesehen wie in der „Praxis“ des IWF (Resolution der Wirtschafts- und Finanzminister im EU-Ministerrat vom 09.05.2010, Az. SN 2564/1/10). Seit 2001 sind die Auflagen von IWF und Weltbank offiziell als Hauptgrund Nr. 2 für den Hunger in der Welt anerkannt (Tz. 69 des Berichts von Prof. Dr. Jean Ziegler, des damaligen Uno-Sonderberichterstatters für das Menschenrecht auf Nahrung).Wie IWF und Weltbank Nahrungs- und Gesundheitsversorgung von Millionen Menschen zerstört haben, siehe insbesondere „Globalization of Poverty and the New World Order“ (Prof. Dr. Michel Chossudovsky, Global Research), „Adjustment with a Human Face“ (UNICEF) und „Genug ist Genug“ (Davison Budhoo, Heinrich-Böll-Stiftung). Sinn dieser Strenge ist es laut dem ehemaligen Weltbank-Chefökonomen Prof. Dr. Joseph Stiglitz, einen Schock zu setzen, um Privatisierung und Freihandel durchzusetzen.
Die Auflagen der „Troika“ haben zu Krankheit und Tod vieler Menschen in Griechenland beigetragen. Die entsprechenden Anzeigen in Den Haag wegen Verbrechen an der Menschlichkeit (Art. 7 Römisches Statut) haben wiederum den Elan zur Anwendung des Staateninsolvenzverfahrens gebremst. Stattdessen hat die EZB angefangen, italienische Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt zu kaufen und so den italienischen Staatsbankrott bis heute verhindert.
Normal ist es, dass bei einem Staatsbankrott der Schuldnerstaat souverän selbst entscheidet, in welcher Höhe er sich anhand welcher Maßstäbe selbst entschuldet. Das bestätigen sowohl das Waldenfels-Urteil (BverfGE 15,126) des Bundesverfassungsgerichts über den deutschen Staatsbankrott nach dem Zweiten Weltkrieg als auch die Resolution der Uno-Vollversammlung vom 10.09.2015 (Az. A/69/L.84 mit 136 Ja-Stimmen). Laut Waldenfels-Urteil muss der Staat seine Schulden so weit reduizieren, dass er seinen sozialen Verpflichtungen weiterhin nachkommen kann. Und laut Uno-Vollversammlung müssen die Menschenrechte bei Entscheidung über den Staatsbankrott geachtet werden.

Der dritte Versuch findet sich in Tz. 19 des Verhandlungsmandats für TTIP, welche der EU-Kommission erlaubt hat, er den USA anzubieten, dass die EU ihrer Verpflichtung aus Protokoll 26 nachkommt, also zur Vergabe der hoheitlichen Aufgaben an privat. Dass im Gegenzug dann auch die hoheitlichen Institutionen der USA für europäische Konzerne hätten geöffnet werden sollen, hat selbst in den USA, die zahlreiche Behörden an US-Konzerne vergeben haben, Angst um die Souveränität ausgelöst und zur bisherigen Verhinderung von TTIP beigetragen.
Und nun haben wir fast weltweit den Corona-Shutdown. Dieser wird zahlreiche Staaten durch die einbrechenden Steuereinnnahmen in den Bankrott treiben. Die EU-Mitgliedsstaaten haben beschlossen, auch ESM-Mittel für die Linderung der Folgen des Shutdown einzusetzen. Deutschland droht der Staatsbankrott auch durch den wegen des Shutdowns wahrscheinlichen US-Staatsbankrott. Denn Deutschland gehört zu den größten Gläubigern der USA und hat hohe Devisenreserven in US-Dollar.Und beim IWF stehen nun wieder 80 Staaten Schlange. Der Corona-Virus wird dazu missbraucht, möglichst viele Staaten bankrott zu machen und ihre hoheitlichen Institutionen in Konzernhände zu bringen, und die meisten Politiker machen mit, weil sie keinen Überblick haben. Wecken wir sie auf, anstatt uns von Masken und Repression ablenken zu lassen.


Sonntag, 17. Mai 2020

Klage gegen Maskenpflicht in NRW – Unser Politikblog im Interview mit Rechtsanwalt Wilfried Schmitz


Unser Politikblog | 13.05.2020


Der Anwalt Wilfried Schmitz klagt vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster gegen die in Nordrhein-Westfalen anlässlich der Corona-Krise verhängten Maskenpflicht. Unser Politikblog gab er ein schriftliches Interview.

Inwieweit können die Masken die Gesundheit schützen?



Für Dritte gar nicht, für den Träger nur dann, wenn die Maske bestimmte Anforderungen erfüllt.
Das Tragen einer MNB ist bereits nicht geeignet, um eine Übertragung von Viren zu verhindern. Im Nationalen Pandemieplan Teil III
von 2007 heißt es auf Seite 91:
Das Tragen eines dichtanliegenden, mehrlagigen Mund-Nasen-Schutzes kann in bestimmten Situationen, in denen ein Kontakt
zu anderen vermutlich infizierten Personen in geschlossenen Räumen nicht vermeidbar ist, möglicherweise einen gewissen
Individualschutz bieten. 

Daten zur Schutzwirkung dieser Maßnahme bei einem Einsatz außerhalb der Krankenbetreuung
liegen allerdings bisher nicht vor

Zu berücksichtigen ist auch, dass geeignete Schutzmasken nicht dauernd getragen werden
können und insofern ein 100 %iger Schutz, bei Aufrechterhaltung auch eines eingeschränkten sozialen Lebens, durch sie nicht zu
erzielen ist. In jedem Falle dürfen die anderen genannten Präventionsmaßnahmen nicht im falschen Vertrauen auf einen Schutz
durch das Tragen einer Maske vernachlässigt werden. Sogar die Weltgesundheitsorganisation (WHO) – über deren Finanzierung
u.a. auch die Ausgabe Nr. 32 der ExpressZeitung aufschlussreiche Details liefert, die jeder kennen sollte - empfiehlt in ihrem
Rahmen-Pandemieplan (von 2005) keinen Mund-Nasen-Schutz für die allgemeine Bevölkerung („not known to be effective, permitted
but not encouraged“).“

Wenn aber schon die Schutzwirkung eines dichtanliegenden, mehrlagigen Mund-Nasen-Schutzes unklar ist und von der WHO nicht
empfohlen wird, ist das Tragen einer einfachen MNB erst recht wenig sinnvoll.
Selbst 9 Jahre später liegen immer noch keine Erkenntnisse zur Wirksamkeit des MNS laut des Nationalen Pandemieplans,
Wissenschaftliche Grundlagen (Teil III) von 2016 vor, wie sich dort aus Seite 84 ergibt:

Im Rahmen der Literaturrecherche wurden keine Studien identifiziert, die den Effekt eines MNS oder einer Atemschutzmaske bei
Patienten hinsichtlich der Weiterverbreitung von Influenzaviren untersucht haben.“

Auf Seite 94 wird weiter ausgeführt:
Die Anzahl der Studien die das Tragen von MNS untersucht haben ist gering und beschränkt sich auf die zwei Arbeiten von Aiello et
al., die einen cRCT in Studentenwohnheimen in zwei aufeinanderfolgenden Wintersaisons 2006/2007 und 2007/2008 in Michigan,
USA, durchführten [30, 31] (s. Tab. 13).“
In der zusammenfassenden Bewertung kommt der Plan auf Seite 98 zu folgendem Ergebnis:
Insgesamt zeigen zwei vorliegende Studien zum Tragen eines MNS von Studenten in Studentenwohnheimen (mit/ohne vermehrte
Händehygiene) mit der Idee, das Tragen von Masken z. B. in Situationen oder Orten mit hoher Personendichte zu simulieren, eine
geringe Evidenz für einen Effekt dieser Intervention.“
Nach alledem kann von einer wissenschaftlich fundierten Begründung für einen MNS nicht gesprochen werden, erst recht nicht für
das Tragen einer MNB.

Mit der MNB soll der Fremdschutz vor Ansteckung gewährleistet bleiben. Dabei werden nach Ausgestaltung der angegriffenen
Vorschrift alle Arten von MNB als zumindest teilweise gleichwertiger Schutz angesehen. Dem ist zu widersprechen. FFP Masken mit
Ventil schützen Dritte nicht vor einer Ansteckung, da keine Filterung der Ausatemluft erfolgt.
Die in der Bevölkerung zunehmend erzeugte Angst führt zu einem übermäßig hohen Bedürfnis nach Sicherheit und damit zum Griff
auf die Masken mit der besten Schutzwirkung, also auf FFP-Masken. Durch das Tragen von FFP-Masken wird der Schutzzweck der
Anordnung – nämlich der Schutz Dritter - nicht erfüllt, solange nicht alle zum Tragen von FFP-Masken verpflichtet werden.
Auch die durch von den meisten Ländern mittlerweile vorgesehen Ausnahmeregelungen zum Tragen einer MNB waren
nicht geeignet, den beabsichtigten Schutzzweck weitgehend zu erreichen. Die Regelung war praktisch nicht umsetzbar und verkehrte
den beabsichtigten Schutz sogar in sein Gegenteil.

Faktisch wurde jeder Normadressat gezwungen, zur Glaubhaftmachung seiner „medizinischen Gründe“ etc. im Bedarfsfalle – eben
wenn er wegen des Nichttragens einer Bedeckung angesprochen wird -ein ärztliches Attest vorzulegen, damit er seine medizinischen
Gründe jedem vorzeigen kann.
Zudem haben die Länder, die eine Maskenpflicht angeordnet haben, offenbar nicht bedacht, dass es doch im Grunde niemandem
zugemutet werden kann, diese medizinischen Gründe gegenüber jedem Verwalter / Mitarbeiter der von der Pflicht betroffenen
Einrichtungen offenlegen zu müssen.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, also grundsätzlich selbst frei darüber entscheiden zu können, ob, wann, wem und
wie man seine persönlichen Daten – insbesondere seine Krankengeschichte – offenlegt, scheint die Antragsgegnerin nicht mehr zu
interessieren.
Jetzt darf jeder auch gegenüber einem Auszubildenden, der mal eben den Einlass regeln soll, nachweisen, welche gesundheitlichen
Gründe er in diesem Kontext geltend machen kann. Na, hervorragend. Wozu brauchen wir noch Datenschutz? Dann kann doch
gleich jeder mit einem Schild rumlaufen und seine Krankengeschichte dort zusammenfassen.
Auf die Einsichtsfähigkeit und das Verantwortungsgefühl aller Bürgerinnen und Bürger in diesem Land konnte und wollte die
Antragsgegnerin also gar nicht erst vertrauen. Warum nicht? Wäre das nicht das viel mildere Mittel gewesen?

Freitag, 1. Mai 2020

Interview mit Martin Behrsing (Erwerbslosenforum) zu den Auswirkungen von Corona und Corona-Shutdown


Unser Politikblog | 02.05.2020

Am 10.04.2020 sprach Volker Reusing für die Sendung „Macht und Menschenrechte“ mit Martin Behrsing vom Erwerbslosenforum. Am deutlichsten wirken sich das Corona-Virus und die Angst vor diesem auf ärmere Bevölkerungsgruppen (darunter vor allem Langzeitarbeitslose, Rentner und Asylbewerber) in Form der Schließung von 370 Tafeln (Stand zum Zeitpunkt des Interviews) aus. Der Hauptgrund dafür ist, dass viele ehrenamtliche Mitarbeiter der Tafeln ältere Menschen sind, die zumindest im Falle von relevanten Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko haben, ernsthaft an Covid-19 zu erkranken, wenn sie damit infiziert werden. Ohne die Tafeln haben viele ärmere Menschen in Deutschland nicht genug gesunde Nahrung zur Verfügung (zum Wesensgehalt des Menschenrechts auf Nahrung siehe Nr. 8 des Allgemeinen Kommentars Nr. 12 zum Uno-Sozialpakt). Es geht also vor allem darum, sie für die Tafeln erst einmal durch jüngere Ehrenamtler zu ersetzen.



Auch das, von einem erheblichen Teil der Politiker zumindest gut gemeinte Herunterfahren erheblicher Teile der Wirtschaft zum Zweck der Corona-Bekämpfung bedeutet existentielle Risiken für ärmere Menschen in Deutschland, weil dadurch die Steuereinnahmen sinken, und gleichzeitig die Ausgaben des Staates zur Reduzierung der Unternehmensinsolvenzen steigen. Da der Staat sich größtenteils über Steuern und Kredite finanziert, ist damit zu rechnen, dass er versuchen wird, seinen Haushalt auch über Sozialkürzungen wieder auszugleichen.
Auch zum Erhalt unseres Sozialsystems ist es entscheidend, die Wirtschaft rechtzeitig wieder mit Berücksichtigung einiger zumutbarer Abstandsregeln laufen zu lassen, anstatt sie sehenden Auges zu ruinieren.

Selbst ohne Berücksichtigung der Staatsfinanzen bekommen viele Menschen jetzt schon die Folgen der Corona-Bewältigungsversuche anderer Staaten zu spüren, etwa in Form von zeitweiligen Lieferengpässen bzgl. in China hergestellten Medikamenten und medizinischen Ausrüstungen.



Die Unverhältnismäßigkeit der Eingriffe durch die Corona-Verordnungen zeigt sich außerdem in den drastischen Ausgangsbeschränkungen und in einigen Bundesländern sogar Ausgehverboten, was beides die Versammlungsfreiheit für die Dauer dieser Maßnahmen vollständig aushebelt. Sie machen es den von Corona und insbesondere von den Corona-Maßnahmen betroffenen Menschen unmöglich, für ihre Rechte zu demonstrieren.


Links:


Erwerbslosenforum
www.elo-forum.org